Blog: News & Tipps

Aktuelles zum Thema Geld und Steuern

Experteninterview: Ich will einen Azubi - wie geht das?


(gruendungszuschuss.de) Sie brauchen langfristig Unterstützung und sind bereit, jemanden umfassend einzuarbeiten? Dann sollten Sie in Erwägung ziehen, selbst auszubilden. Anders als wechselnde Praktikanten steht Ihnen ein Auszubildender über einen längeren Zeitraum zur Verfügung. Unter diesen Umständen macht es mehr Freude, das eigene Wissen weiterzugeben.

Wenn Sie eine glückliche Hand bei der Auswahl haben und die Arbeit bei Ihnen Spaß macht, wird sich der Azubi für Ihr Unternehmen engagieren. Wenn Sie ihn am Ende der Ausbildung übernehmen, haben Sie einen perfekt eingearbeiteten Angestellten, den Sie längerfristig ans Unternehmen binden können. Allerdings sollten Sie sich von Anfang an klar sein, dass mit der Ausbildung eines Jugendlichen auch eine besondere Verantwortung einhergeht.

Trotz der demographischen Entwicklung (zurückgehender Anteil der Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung) sind gute Ausbildungsplätze nach wie vor gesucht. Lassen Sie sich also nicht gleich entmutigen, wenn Ihr Unternehmen nicht alle Anforderungen erfüllt, die an Ausbildungsunternehmen gestellt werden. In der Praxis wird auch mal ein Auge zugedrückt, wenn das Gesamtbild stimmt. Deshalb haben auch Einzelunternehmer mit längerer Berufserfahrung sehr gute Chancen auf einen Azubi.

Die wichtigsten Fragen zum Thema haben wir an Sabine Bleumortier gestellt. Ihr Unternehmen „Erfolgreich ausbilden“ (www.erfolgreich-ausbilden.de) qualifiziert die Ausbilder in den Unternehmen im Umgang mit Jugendlichen, für das Führen von Feedback- und Beurteilungsgesprächen, Motivation, Ausbildungsmarketing sowie rechtliche und organisatorische Themen. Den Auszubildenden bringt sie angemessene Umgangsformen im Betrieb sowie das richtige Verhalten am Telefon und Präsentationstechniken bei.

Gruendungszuschuss.de: Es gibt rund 350 Ausbildungsberufe. Wie finde ich heraus, in welchem ich überhaupt ausbilden darf?

Bleumortier: Zuerst würde ich mir http://berufenet.arbeitsagentur.de/ anschauen, dort sind alle Ausbildungsberufe beschrieben, mit Link auf die jeweilige Ausbildungsordnung. Wer selbst eine Ausbildung gemacht hat, wird vermutlich auch in dem erlernten Beruf ausbilden wollen. Anschließend würde ich die zuständige Kammer, das ist meist die Industrie- und Handelskammer (IHK) oder die Handwerkskammer, anrufen und nach dem Ausbildungsberater fragen. Der kann Ihnen das am besten passende Berufsbild nennen und wird Sie auch zu allen anderen Fragen rund um das Thema Ausbildung kostenlos informieren.

Gruendungszuschuss.de: Welche Unternehmen dürfen überhaupt einen Azubi ausbilden?

Bleumortier: Beim ersten Azubi muss der Ausbildungsberater die Eignung von Unternehmen und Ausbilder prüfen. Fallen im Unternehmen überhaupt alle Tätigkeiten an, die laut Ausbildungsordnung für den Beruf vermittelt werden sollen? Nicht abgedeckte Inhalte müssen sonst im Rahmen einer Verbundausbildung vermittelt werden, wobei der Auszubildende die entsprechende Phase in einem Partnerunternehmen durchläuft. Natürlich müssen die Einrichtungen (Maschinen, Computer, Software) auf einem modernen, wenn auch nicht dem allerneuesten Stand der Technik sein. Es muss ein Arbeitsplatz für den Azubi vorhanden sein. Für diesen gelten dieselben Voraussetzungen hinsichtlich Ergonomie wie bei anderen Arbeitnehmern.
Außerdem sollte sich die Zahl der Ausbildungsplätze in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Fachkräfte befinden. Faustregel: Pro drei fest angestellten Mitarbeitern ein Auszubildender. Es kommt darauf an, dass der Azubi bei Fragen immer einen Ansprechpartner zur Verfügung hat. Bei unter 18-Jährigen kommt hinzu, dass hier auch eine gewisse Aufsicht sichergestellt sein muss. Es gibt aber auch eine Menge Einzelkämpfer mit Azubi. Günstig ist es dann, wenn Sie in einer Bürogemeinschaft arbeiten, so dass Kollegen oder freie Mitarbeiter als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, wenn Sie selbst unterwegs oder krank sind.

Gruendungszuschuss.de: Und welche persönlichen Voraussetzungen muss der Ausbilder erfüllen?

Bleumortier: Wenn er in der Vergangenheit in schwerer oder wiederholter Form gegen das Berufsausbildungsgesetz verstoßen hat, ist das ein Ablehnungsgrund. Das ist der Fall, wenn er zum Beispiel nicht entsprechend der Ausbildungsordnung ausgebildet oder Azubis nicht für den Besuch der Berufsschule freigestellt hat. Natürlich darf auch keine charakterliche, sittliche oder körperliche Gefährdung der Azubis drohen, etwa durch Drogenmissbrauch am Arbeitsplatz. Ein polizeiliches Führungszeugnis muss jedoch nicht vorgelegt werden, der Ausbildungsberater macht sich hier ein Bild der Gesamtsituation und entscheidet auf dieser Basis.

Gruendungszuschuss.de: Der Ausbilder muss aber auch fachlich und pädagogisch geeignet sein – was wird da verlangt?

Bleumortier: Häufig hat er selbst eine Ausbildung erfolgreich absolviert und einige Jahre im Beruf gearbeitet. Mit kaufmännischer Ausbildung kann man zum Beispiel Industrie-, aber auch Bürokaufleute ausbilden. Ein Studium der entsprechenden Fachrichtung ist ebenfalls eine gute Voraussetzung. Einige Jahre Berufserfahrung sollte man allerdings auch in diesem Fall besitzen. Der Ausbildungsberater verfügt über gewissen Ermessensspielraum, eine feste Regelung gibt es nicht. Die berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse weist man durch einen AdA-Schein nach. AdA steht für „Ausbildung der Ausbilder“. Für Ausbildungen im Bereich der freien Berufe (zum Beispiel Rechtsanwaltsgehilfin) gelten eigene Regeln, hier fragt man am besten bei der zuständigen Kammer nach, im Beispiel also bei der Rechtsanwaltskammer.

Gruendungszuschuss.de: Muss man als Handwerker den Meistertitel haben, um ausbilden zu können?

Bleumortier: Nein, das ist nicht nötig. Im Rahmen der Meisterschule erhält man zumeist die berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse und muss deshalb keinen AdA-Schein mehr machen. Handwerker ohne Meistertitel müssen ihre fachliche und pädagogische Eignung durch eine eigene Prüfung nachweisen.

Gruendungszuschuss.de: Was muss man tun, um einen AdA-Schein zu erwerben und was kostet das?

Bleumortier: Die Kammern bieten regelmäßig entsprechende Kurse an und zwar als Blockkurse, tageweise oder als Abendveranstaltung. Der Zeitaufwand liegt bei ca. 10 Tagen (80 Stunden). Der Kurs kostet typischerweise 450 Euro. Hinzu kommen 150 Euro Prüfungsgebühren. Die schriftliche Prüfung dauert 3 Stunden und deckt die folgenden vier Themenfelder ab:

a) Wie prüfe ich die Ausbildungsvoraussetzungen und plane die Ausbildung?
b) Wie bereite ich die Ausbildung vor und stelle einen Auszubildenden ein?
c) Was muss ich bei der Durchführung der Ausbildung beachten?
d) Was ist beim Abschluss der Ausbildung zu bedenken?

Die mündliche („praktische“) Prüfung dauert 30 Minuten. Neben fachlichen Fragen ist dabei eine typische Ausbildungssituation vorzubereiten und zu präsentieren. Wer den Kurs besucht und aufmerksam verfolgt hat, sollte keine Probleme haben, die Prüfung zu bestehen und den AdA-Schein zu erhalten.

Gruendungszuschuss.de: Welche Vergütung erhalten Azubis typischerweise? Gibt es dafür Vorgaben?

Bleumortier: Kleinere Unternehmen sind in aller Regel nicht an einen Tarif gebunden. Die Ausbildungsvergütung darf allerdings nicht weniger als 80 Prozent der üblichen Vergütung betragen und sie muss von Jahr zu Jahr ansteigen. Im ersten Jahr sind je nach Beruf 500 bis knapp 1.000 Euro pro Monat gängig.  Auch hierzu ist der Ausbildungsberater der Kammer ein guter Gesprächspartner.

Gruendungszuschuss.de: Wie lange dauert eigentlich eine Ausbildung? Und: Der Azubi muss ja auch in die Berufsschule. Wie viel Zeit steht er im Betrieb zur Verfügung?

Bleumortier: Die Ausbildung dauert je nach Berufsbild und schulischer Vorbildung zwischen zwei und dreieinhalb Jahren – das ist alles ganz genau geregelt. Abiturienten sparen typischerweise ein Jahr. Anfangs sind die Azubis häufiger in der Berufsschule, das nimmt mit der Zeit etwas ab. Anfangs gehen sie pro Woche ein bis zwei Tage in die Schule. Bei Blockunterricht folgt auf acht bis zehn Wochen im Betrieb eine Phase von etwa drei Wochen in der Berufsschule.
Die genauen Arbeitszeiten werden im Ausbildungsvertrag festgelegt. Es gilt das Arbeitszeitgesetz, bei Minderjährigen zudem das Jugendarbeitschutzgesetz. Dies begrenzt die tägliche Arbeitszeit auf acht Stunden und schreibt Pausen von täglich mindestens 60 Minuten Dauer vor.

Gruendungszuschuss.de: Was, wenn der Auszubildende unmotiviert ist oder schlechte Leistungen bringt?

Bleumortier: Vielleicht ist dies nur eine kurze Phase und es gelingt Ihnen, den Grund für das Verhalten des Auszubildenden herauszufinden. Dann können Sie ihn unterstützen und fördern. Wenn der Auszubildende sich nicht wie erwartet entwickelt, ist das ansonsten problematisch, denn das Ausbildungsverhältnis steht unter dem besonderen Schutz des Gesetzes und eine Kündigung von Seiten des Betriebs ist nach der maximal viermonatigen Probezeit nur fristlos aus wichtigem Grund möglich. Der Auszubildende soll so davor geschützt werden, dass er mit abgebrochener Ausbildung ins Berufsleben startet. Wenn der Azubi trotz intensiven Bemühens seine Leistungen nicht bessert, werden Sie gerade als kleines Unternehmen jedoch einen Weg aus dem Ausbildungsverhältnis finden müssen. Dokumentieren Sie Fehlverhalten des Auszubildenden und mahnen Sie rechtzeitig ab.

Gruendungszuschuss.de: Was passiert nach dem Ende der Ausbildung?

Bleumortier: Die Ausbildung endet mit dem Tag der Ergebnisfeststellung, also dem Tag, an dem die mündliche/praktische Prüfung stattfindet. Dem Auszubildenden wird hier in der Regel schon mitgeteilt, ob er die Prüfung bestanden hat oder nicht. Wenn beide Seiten einverstanden sind, übernehmen Sie den Azubi mit Wirkung zum folgenden Tag in ein festes Arbeitsverhältnis und zahlen dann natürlich auch ein deutlich höheres Gehalt. Wenn Sie den Azubi nicht übernehmen können oder wollen – oder er andere Pläne hat, so sollten Sie sich darüber drei Monate vorher verständigen bzw. den Auszubildenden entsprechend informieren. Häufig holen Azubis im Anschluss einen Schulabschluss nach, studieren oder wechseln zu einem anderen Arbeitgeber, der vielleicht selbst nicht ausbildet, aber mehr bezahlt. Beachten Sie dies bei der Auswahl der Bewerber und überlegen Sie sich eine Strategie, mit der Sie gute Azubis an Ihr Unternehmen binden können. Dazu gehört eine klare Entwicklungsperspektive.

Gruendungszuschuss.de: Welche Tipps haben Sie für die Auswahl des künftigen Azubi?

Bleumortier: Überlegen Sie vorab, welche Anforderungen, der Auszubildende auf jeden Fall erfüllen sollte und welche Kür sind. Nicht jede Fähigkeit ist schon vorhanden, aber das Potenzial sollte deutlich erkennbar sein. Mit diesen Anforderungen im Hinterkopf treffen Sie dann die Auswahl unter den eingesendeten Bewerbungen und führen strukturierte Vorstellungsgespräche. Sehr wichtig ist die Motivation des Schülers für den Beruf. Ich empfehle ein Schnupperpraktikum oder mindestens einen Schnuppertag, bevor der Ausbildungsvertrag geschlossen wird. So können Sie und der Bewerber entscheiden, ob die Chemie stimmt und Sie zueinander passen. Jugendliche bringen neue Ideen ein und arbeiten nach einer ersten Einarbeitungsphase engagiert mit. Außerdem macht der Umgang mit Jugendlichen einfach Spaß!

Weiterführende Links: www.ich-bilde-aus.de, http://berufenet.arbeitsagentur.de/ (Bundesagentur für Arbeit), www.foraus.de (Bundesinstitut für Berufsbildung - Forum für AusbilderInnen), www.ausbilder-netz.de (bfz/fbb).

Sie brauchen Unterstützung, sind aber nicht sicher, ob ein Azubi für Sie die richtige Lösung ist? Das Buch „Mein erster Mitarbeiter“ stellt die verschiedenen Beschäftigungsformen einander gegenüber und erkärt verständlich die rechtlichen Hintergründe und organisatorischen Erfordernisse. Weitere Infos unter www.gruendungszuschuss.de/unternehmerwissen/mein-erster-mitarbeiter.html

Verfasst von gruendungszuschuss.de-Redaktion am 02.02.2011 10:17
http://www.gruendungszuschuss.de/?id=128&showblog=2934

Newsletter abonnieren oder Beitrag weiterempfehlen

Ihr Berater

Persönliche Beratung kompetent & auf den Punkt

Unsere Experten helfen Ihnen weiter

Liste unserer Berater

Rechner

Wie hoch ist Ihr Gründungszuschuss?
Jetzt ausrechnen