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Freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige

EILMELDUNG: "Freiwillige" Arbeitslosenversicherung fuer Selbstaendige wird massiv eingeschraenkt


(ueberbrueckungsgeld.de) Seit 1. Februar diesen Jahres gibt es für Selbstständige die Möglichkeit, sich freiwillig gegen Arbeitslosigkeit zu versichern. Am heutigen Donnerstag, nur vier Monate nach Einführung, will die Regierungskoalition ihr eigenes Gesetz schon wieder reformieren – und zwar im Schnellverfahren, völlig überraschend für die Öffentlichkeit. Der zuständige Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die entsprechenden Passagen offenbar erst in letzter Minute in das Gesetz hineingeschrieben, was zum Auszug der Fraktion Die Linken aus dem Ausschuss führte.

Wie N24 meldet sehen die Pläne vor, dass sich nur noch jene Selbstständigen freiwillig versichern können, die ihre Tätigkeit nach dem 1. Januar 2004 aufgenommen haben. Der entsprechende Gesetzentwurf soll am Donnerstag in dritter Lesung vom Parlament verabschiedet werden und ist im so genannten Fortentwicklungsgesetz zu den Hartz IV genannten Arbeitsmarktreformen enthalten, das auch die Nachfolge von Ich-AG und Überbrückungsgeld regelt.

Wie der Sender weiter berichtet hätte ein entsprechender Beschluss durch den Bundestag zur Folge, dass Antragsteller ihren Antrag noch vor der dritten Lesung im Bundestag (die am Donnerstag, 1.6. stattfindet) bei der Arbeitsagentur abgegeben haben müssen. Das Gesetz soll nämlich rückwirkend, am Tag vor der letzten Lesung in Kraft treten. Die Gesetzesänderungen sind aber erst in der Nacht zum Donnerstag bekannt geworden, so dass eine Reaktion demnach nicht möglich erscheint.

In der Vergangenheit hat es heftige Kritik an der "freiwilligen Arbeitslosenversicherung" gegeben. ueberbrueckungsgeld.de hatte bereits im Februar 2006 auf die erheblichen Missbrauchsgefahren hingewiesen, die dazu führen, dass "normale" Beitragszahler mittelfristig mit einer starken Erhöung der Beiträge rechnen müssen. Wir hatten auch benannt, welche Gruppen in besonderem Maß von der neuen Gründungsförderung profitieren werden bzw. wo die Mißbrauchsgefahr am größten ist (www.ueberbrueckungsgeld.de/blog/sozialversicherung/index.shtml).

Am 17. Mai hatte dann das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) festgestellt, die freiwillige Arbeitslosenversicherung bringe "ein ökonomisch nicht zu rechtfertigendes Missverhältnis zwischen geringen Beiträgen und großzügigen Leistungen mit sich". Extrembeispiel der Wirtschaftsforscher: Ein Selbstständiger könne freiwillig zwölf Monate in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, so einen Arbeitslosengeld I-Anspruch erwerben und sich dann auf Kosten der Arbeitsagentur einen sechsmonatigen Urlaub gönnen. Dass der Arbeitslose in dieser Zeit eigentlich der Arbeitsagentur zur Vermittlung zur Verfügung stehen muss "dürfte in der Praxis kein großes Hindernis darstellen", schrieb das IW.

Wer ist betroffen?

Betroffen sind Selbstständige, die vor dem 1.1.2004 gegründet haben. Eigentlich sollten Sie noch bis 31.12.2006 Zeit haben, sich für die freiwillige Versicherung zu entscheiden. Jetzt ist es wohl zu spät.

Existenzgründer, die sich ab dem 1.1.2004 selbstständig gemacht haben, hätten demnach weiter die Möglichkeit freiwillig in der Arbeitslosenversicherung Pflichtmitglied zu werden.

Insbesondere können auch alle Gründer, die ab der zweiten Jahreshälfte 2006 mithilfe des neuen Gründungszuschusses gründen, sich weiterhin freiwillig arbeitslosenversichern. Für diese Gruppe ist die freiwillige Arbeitslosenversicherung deshalb interessant, weil der bei Gründung bestehende Arbeitslosengeld I-Anspruch mit der Gründungsförderung verrechnet wird. Eine Absicherung gegen ein Scheitern also nur durch den Aufbau eines neuen Anspruchs möglich ist (vgl. www.ueberbrueckungsgeld.de/blog/2006/05/verrechnung_von.shtml).

Unsere Meinung

Ob die geplante massive Einschränkung wirksam Mißbrauch verhindern wird, darf bezweifelt werden. Um eine Umgehung der Regelung zum Beispiel durch eine zeitweise Abmeldung der Selbstständigkeit zu verhindern, wird der bürokratische Aufwand bei der Prüfung der Aufnahme noch weiter zunehmen. Der Zugang zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung wird künftig noch willkürlicher geregelt sein, als dies ohnehin schon der Fall ist. Auch wenn viele unserer Leser sicherlich von einer Mitgliedschaft profitieren können - aus unserer Sicht ist die freiwillige Arbeitslosenversicherung auf Dauer nicht haltbar, da nicht systemkonform. Früher oder später wird man sie entweder ganz abschaffen (das Gesetz ist ohnehin zeitlich befristet) oder möglichst viele Selbstständige zur Mitgliedschaft zwingen – wir haben ja bereits mehrfach hiervor gewarnt. (Eine entsprechende Diskussion findet übrigens gerade in Österreich statt, wo die DGB-Schwesterorganisation ÖGB auch die Einführung der Arbeitslosenversicherung für Selbstständige fordert.)

Verfasst von Andreas Lutz am 31.05.2006 23:45
http://www.gruendungszuschuss.de/?id=166&showblog=2173

Kommentare

Verfasst von Galser s. am 05.05.2009 06:06


Verfasst von werner am 06.11.2008 13:09


Verfasst von schwabe am 27.06.2006 12:40

Antwort:

Die Entscheidung muss jeder persönlich treffen. Ich kann nur sagen wie ich denke. Der Restanspruch bleibt vier Jahre ab ursprünglichem Beginn der Arbeitslosigkeit erhalten. Bis dahin weiß man als Selbstständiger, ob es läuft oder nicht. Wenn man also länger selbstständig bleibt - dann ohne ALG1-Anspruch - ist das Risiko gut kalkulierbar. Und wenn es nicht so läuft, kann man ja vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist seine Konsequenzen ziehen und die Selbstständigkeit beenden oder zur Nebentätigkeit reduzieren. Von daher würde ich persönlich bei einem so langen Restanspruch auf ALG1 mich nicht freiwillig versichern. Sollte sich an der Verjährungsfrist von vier Jahren etwas ändern, werde ich darüber in meinem Newsletter prominent berichten. Das ist zur Zeit aber nicht in der Diskussion.

Wenn bei Gründung nur noch ein kurzer Restanspruch auf Arbeitslosengeld I besteht oder der neue Gründungszuschuss beantragt wird (Aufrechnung der Förderung mit dem ALG1-Anspruch!), dann würde ich eher dazu tendieren, der freiwilligen Arbeitslosenverischerung beizutreten, trotz aller Vorbehalte die ich dagegen habe.

Beste Grüße Andreas Lutz, ueberbrueckungsgeld.de

Alle Angaben ohne Gewähr


Verfasst von U.M. am 26.06.2006 15:19


Verfasst von azzi am 07.06.2006 16:44


Verfasst von Claudia Asensio Paniagua am 01.06.2006 22:26

Antwort:

Wenn es in Spanien funktioniert, dann ist es sicher nicht so organisiert wie hier in Deutschland. Wäre interessant, mehr darüber zu wissen, haben Sie Links zu deutschsprachigen Beschreibungen des Systems? Ich habe ja angedeutet, dass es eigentlich nur funktioniert wenn alle Selbstständigen beitragspflichtig sind. Aber wollen Sie wirklich noch eine weitere Sozialversicherung, die immer weiter ausufert?

Beste Grüße Andreas Lutz, ueberbrueckungsgeld.de

Alle Angaben ohne Gewähr

Herzliche Grüße

Claudia Asensio P.

www.la-traduchera.com


Verfasst von Grün am 01.06.2006 14:36

Antwort:

Wenn das Gesetz ausläuft können Sie keine Beiträge mehr zahlen. Der Versicherungsschutz wirkt (aufgrund der zweijährigen Rahmenfrist innerhal derer 12 Beitragsmonate nachgewiesen werden müssen) de facto noch ein Jahr nach. Nachdem Sie zwölf Monate keine Beiträge mehr bezahlt haben bzw. bezahlen konnten, läuft Ihr Versicherungsschutz aus. Das alles ist ganz analog zu normalen Beitragszahlungen in die Arbeitslosenversicherung.

Beste Grüße Andreas Lutz, ueberbrueckungsgeld.de

Alle Angaben ohne Gewähr


Verfasst von Anonym am 01.06.2006 11:45

Antwort:

Es kommt immer drauf an, ob Sie noch einen längeren Restanspruch auf Arbeitslosengeld haben und wann dieser verjährt und wie hoch Sie die Wahrscheinlichkeit eines Scheiterns Ihrer Selbstständigkeit einschätzen. Einige kritische Punkte, aber auch wer potentiell von der Regelung profitiert, finden Sie unter www.ueberbrueckungsgeld.de/blog/sozialversicherung/index.shtml

Beste Grüße Andreas Lutz, ueberbrueckungsgeld.de

Alle Angaben ohne Gewähr


So eine SCh***. Spinnen die? Entschuldigung. Ich dachte ich habe bis Ende des Jahres Zeit. Na toll.

Verfasst von Entsetzter am 01.06.2006 09:12

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