Nachgefragt: Gründungszuschuss - menschlich gesehen

Interviews mit geförderten Gründern

Wir haben bei Nutzer unserer Website und auch bei von uns betreuten Gründern nachgefragt: Wie kamen Sie auf die Geschäftsidee, wie haben Sie die Gründung vorbereitet und finanziert, wie ihre ersten Kunden gewonnen? Was ist schief gegangen? Natürlich wollten wir auch wissen, ob die Entscheidung für die Selbständigkeit im Nachhinein betrachtet richtig war und welche Zukunftspläne die Gründer haben. Die Idee dahinter: Von niemand kann man so gut lernen wie von anderen, erfolgreichen Selbständigen.

Marlon Ikels (38) - Geniale Gründungsidee im Urlaub


Marlon Ikels flog während eines Indien-Urlaubs seine geniale Geschäftsidee zu: Auftragskunst in Indien fertigen lassen und in Deutschland via Internet verkaufen. Inzwischen beschäftigt er sechs Mitarbeiter und hat gerade einen Partner an Bord genommen. Wie aus einer guten Idee ein großes Geschäft zu machen ist, das hatte Ikels bei seinem vorherigen Arbeitgeber T-Online gelernt. Unser erstes Interview mit Ikels haben wir im Sommer 2007 geführt: Schon damals zeichnete sich der Erfolg ab, obwohl er gerade erst neun Monate selbständig war und noch die letzte Rate seines Gründungszuschusses erhielt – jetzt im Frühjahr 2008 haben wir noch einmal nachgefragt, was aus seinen damaligen Plänen geworden ist.

Auftragskunst per Internet beauftragen und in Indien malen lassen - wie funktioniert das?

Marlon Ikels„Der Kunde lädt auf unserer Website galleryy.net ein Foto hoch, und wir machen daraus zum Beispiel ein handgemaltes Ölbild, eine Bleistiftzeichnung, eine Zeichnung in Pastellfarben, ein Porträt im Stil Andy Warhols oder eine lustige individuelle Karikatur. Ein paar Tage bzw. Wochen später bekommt man das Kunstwerk nach Hause geliefert und kann es aufhängen oder verschenken.Ich kann die Kunstwerke zu günstigen Preisen anbieten, weil die meisten Bilder in Asien gefertigt werden. Was Karikaturen betrifft, sind wir die Einzigen, die das in dieser Form in Deutschland anbieten.“

Wie kam es zur Geschäftsidee?

Ikels wurde Anfang 2006 zu einer Hochzeit nach Indien eingeladen. Er nahm sich vor, den Aufenthalt zur Suche nach interessanten Produkten für die geplante Selbständigkeit zu nutzen. Die Reise führte ihn in eine Stadt, in der hunderte Inder mit Hammer und Meißel Granitfelsen bearbeiteten, um daraus Skulpturen zu erstellen. Sofort kam ihm der Gedanke: „Wäre doch super, wenn man diesen Künstlern per E-Mail ein Foto zur Verfügung stellen könnte und sie würden das modellieren.“ Das war die erste Idee, die Ikels dann weiterentwickelt hat.

Wie wurde die Gründung geplant und vorbereitet?

Ikels war zu dieser Zeit noch Abteilungsleiter im Produktmanagement bei T-Online, verantwortlich für das Kerngeschäft, den Verkauf von Internet-Zugängen. Er hat selbst gekündigt, um seine Geschäftsidee realisieren zu können. Am Anfang stand ein Kooperationsvertrag mit zwei ehemaligen Kollegen, die sich schon 2005 selbständig gemacht hatten - auf Basis einer ähnlichen Idee: Dem Vertrieb von Ölgemälden und zwar insbesondere von Kopien von Gemälden alter Meister über eBay. Der „Claim“ wurde aufgeteilt, und Ikels übernahm die Bearbeitung der Vertriebskanäle „außerhalb von eBay“. Einen Kredit musste er nicht aufnehmen, 10.000 Euro Eigenkapital, die hauptsächlich in die Entwicklung eines Webshops flossen, genügten.

War der Gründungszuschuss überhaupt nötig?

„Ich hätte auch ohne Gründungszuschuss gegründet. Aber natürlich hat es mir der Zuschuss schon wesentlich einfacher gemacht, das Auf und Ab der Anfangsphase psychologisch zu überstehen. Aber dass es etwas wird, war mir von Anfang an klar.“ Das erste halbe Jahr war für Ikels eine Achterbahnfahrt: Es gab massive Umsatzschwankungen, die ihn einmal euphorisch und am nächsten Tag wieder nachdenklich stimmten. Im Sommer 2007 hatte sich der Umsatz auf hohem Niveau eingependelt. Und das im Kern deshalb, weil Marlon Ikels mehrere Produkte und Vermarktungskanäle entwickelt hat, die Schwankungen in anderen Bereichen jeweils ausgleichen. Die ersten Kunden hat Ikels mit Google Adwords gewonnen, also mit Textanzeigen auf Suchergebnisseiten: „Das ist ideal, um sehr schnell zu testen, welche Produkte wie gut ankommen.“ Als der Webshop stand, ging es dann darum, Vermarktungskanäle zu entwickeln, eine erste Marketing-Kooperation mit der Verlagsgruppe Handelsblatt zeigte das Potenzial der Webseite. Wir haben dann gemerkt, dass wir uns im Geschenke-Umfeld gut vermarkten können. Viele unserer Kunden nutzen unsere Produkte als Geschenkidee zum Geburtstag oder zur Hochzeit, das hatten wir in dieser Form nicht erwartet.

Was waren die Zukunftspläne im Sommer 2007?

Marlon Ikels in IndienDamals arbeitete Ikels  an der Übersetzung seiner Webseite in fünf weitere Sprachen und arbeite darauf hin, seine Produkte international anzubieten. Schon damals bekam er Bestellungen aus ganz Europa. „Mit einigen Produkten werde ich in einigen Staaten First Mover sein, also der zunächst einzige Anbieter. Zugleich bin ich dabei, die Zusammenarbeit mit einem großen indischen Lieferanten auszubauen. Außerdem will ich unbedingt noch meine ursprüngliche Idee realisieren, auch Skulpturen aus Holz und Stein anzubieten. Zudem sind wir für jede neue Idee und Vertriebspartnerschaft offen. Ich habe weitere Kooperationen mit zwei großen Fotofinishern ausgehandelt, die meine handgemalten Kunstwerke mit ins Sortiment aufnehmen werden. Ich arbeite mit mehreren Fotografen zusammen, die die künstlerische Bearbeitung der Fotos als Zusatzdienstleistung anbieten, und auch einige Galerien kaufen regelmäßig Produkte bei mir.“

Und welche von diesen Plänen konnte Ikels bis Anfang 2008 umsetzen?

„Nun ja, wir mussten uns auf unser erstes richtiges Weihnachtsgeschäft vorbereiten, das wir auch erfolgreich überstanden haben. Zwar mit einigen Schmerzen aber ohne größere Blessuren. Und wir haben viel gelernt, was wir in diesem Jahr besser machen können.

Aufgrund des Erfolgs in Deutschland konnte ich die Europapläne noch nicht umsetzen, diesen Monat, also im April 2008, startet die Expansion aber endgültig. Es ist immer wieder überraschend, wie viel Zeit auch kleinere Projekte in Anspruch nehmen. Ein Beispiel dafür war meine erste richtige Einkommens-Steuererklärung inklusive neuer Firma – auch ein spannendes Projekt mit viel Lern-Potential.

Wir haben wie geplant weitere Produkte und Lieferanten, eine neue Software zur Auftragsabwicklung und weitere Zahlungsmethoden wie Kreditkarte und Lastschrift eingeführt. Die Vermarktung findet inzwischen in weiteren Vertriebskanälen statt und wir haben unsere internen Abläufe massiv verbessert. Unsere Kunden können jetzt alle Produkte auch bei Amazon kaufen.

Zufriedenheit damals … im Sommer 2007

Auf die Frage, ob er mit seiner Entscheidung für die Selbständigkeit zufrieden ist, antwortete Ikels damals: „Ja, mehr als das. Ich bin jetzt zwar Einzelkämpfer und vermisse oft ein Kollegenumfeld. Aber ich habe mich in einer großen Bürogemeinschaft eingemietet und dadurch immer jemanden um mich. Das fängt schon eine Menge auf, was zwischendurch an beruflicher Einsamkeit entstehen kann.“

Und wie zufrieden ist Ikels im Frühjahr 2008?

„Das Team ist inzwischen auf 6 Personen angewachsen und wir haben ein richtiges, kleines Unternehmen mit einem weiteren Büro aufgebaut. Einzelkämpfer bin ich also nicht mehr. Wichtig war mir im neuen Jahr auch die richtige Work-Life-Balance, die ichinzwischen gefunden habe. Silvester-Vorsätze machen doch manchmal Sinn.“

Welche Silvester-Vorsätze waren das denn?

„Ich habe mir drei Sachen vorgenommen:

  1. Noch konsequenter Wichtiges von Unwichtigem trennen und den Mut haben, kleine Sachen liegen zu lassen.
  2. Das Wochenende soll mit sehr wenigen Ausnahmen Privatem und insbesondere meiner Freundin gelten.
  3. Keine Arbeit mehr aus dem Büro mit nach Hause nehmen."


Wer einen Blick auf den Ikels Webshop werfen möchte, findet ihn unter http://www.galleryy.net

 


Das ursprüngliche, hier aktualisierte und erweiterte Interview mit Marlon Ikels wurde 2007 zusammen mit vier weiteren Gründer-Interviews in der Zeitschrift startingup veröffentlicht.  Wir danken der Redaktion für die Erlaubnis zur Veröffentlichung der Beiträge und Fotos. Lesen Sie das PDF mit allen fünf Interviews.

Verfasst von Andreas Lutz am 01.04.2008 13:16
http://www.gruendungszuschuss.de/?id=534&showblog=2497

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