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Gründungszuschuss

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Arbeitslosenversicherung für Selbständige zu teuer - 44% stellen Beitragszahlung vorzeitig ein


Forscher des zur Bundesagentur für Arbeit gehörigen Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) haben die Arbeitslosenversicherung für Selbständige unter die Lupe genommen. Seit 2006 können sich Gründer, die zuvor Arbeitslosengeld bezogen haben (oder zum Gründungszeitpunkt Anspruch darauf hätten), freiwillig gegen Arbeitslosigkeit versichern. Mehr als 200.000 Selbständige nutzen diese Möglichkeit aktuell.

Bei Einführung der Versicherung gab es Bedenken, es könne zu Missbrauch kommen, indem sich Gründer nach wenigen Monaten Selbständigkeit arbeitslos melden und Leistungen beziehen. Nicht zuletzt aufgrund solcher Befürchtungen hat man 2011 und 2012 die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in zwei Stufen insgesamt vervierfacht.

* Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass diese Befürchtungen grundlos waren: "Unsere Analyse zeigt, dass die Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen im Beobachtungszeitraum insgesamt recht gering war. (...) Auch hierzulande ergeben sich bislang keine nennenswerten Anhaltspunkte für Mitnahme." Und weiter: "Über den ganzen Beobachtungszeitraum hinweg gaben insgesamt nur 4 Prozent der Befragten an, jemals Leistungen aus der freiwilligen Arbeitslosenversicherung bezogen zu haben. (...) Außerdem ist die Dauer des Leistungsbezugs meistens relativ kurz." In zwei Dritteln der ohnehin wenigen Leistungsfälle dauerte die Arbeitslosigkeit nicht länger als sechs Monate. Lediglich 5 Prozent der Leistungsbezieher (also jeder 500. Befragte) war länger als 12 Monate arbeitslos.  Das liegt laut Studie vermutlich daran, dass die meisten Gründer ihre Selbständigkeit beenden, um eine Anstellung aufzunehmen.

* Die Versicherten verlassen die Versicherung, weil sie zu teuer ist: 44 Prozent der freiwillig Versicherten haben laut Studie die Versicherung durch "kalte Kündigung" wieder verlassen. Sie haben die Zahlung der Beiträge eingestellt, das Versicherungsverhältnis erlischt dann nach drei Monaten automatisch. Eigentlich ist eine Kündigung erst nach fünf Jahren vorgesehen. "Ein wesentlicher Grund für das Ausscheiden sind (...) die als zu hoch empfundenen Beiträge (46%)." Die Autoren ziehen daraus die Schlussfolgerung: "Auch aus Sicht der Arbeitslosenversicherung würde eine klare Kündigungsregelung - ggf. unter Verzicht auf die gegenwärtige Fünf-Jahres-Frist - die Transparenz und die Administrierbarkeit der freiwilligen Weiterversicherung verbessern."

* Gibt es bestimmte Gruppen von Selbständigen, die besonders dazu neigen, sich freiwillig gegen Arbeitslosigkeit abzusichern? Die Forscher haben diese Frage anhand eines Regressionsmodells untersucht. Zum Beitritt neigten zuvor arbeitslose Gründer, die den Gründungszuschuss beantragt haben - vermutlich einfach deshalb, weil sie bei dieser Gelegenheit von der Arbeitsagentur über die Arbeitslosenversicherung informiert werden. Gründer mit höherer formaler Ausbildung schließen die Versicherung ebenfalls besonders häufig ab, sie profitieren von im Verhältnis zu den Beiträgen höheren Leistungen (siehe unten). Auch mit höherer Wochenarbeitszeit steigt die Wahrscheinlichkeit, sich zu versichern. Vermutlich ist die Arbeitszeit ein Hinweis auf die existenzielle Bedeutung der Selbständigkeit.

* Umgekehrt ist es beim Startkapital: Mit höheren Investitionen in die Selbständigkeit nahm die Neigung, sich abzusichern, ab. Wer über höhere finanzielle Reserven verfügt, ist wahrscheinlich in der Lage, eine Zeit mit geringer Auslastung zu überstehen. Außerdem bedeutet ein hohes Startkapital ein großes Commitment, man wird die Selbständigkeit nur im absoluten Notfall beenden. Außerdem ist man wahrscheinlich besonders optimistisch eingestellt. Aus ähnlichen Gründen reduzierte auch eine stärker chancenorientierte Motivation ("Push-Motivation") die Neigung, sich abzusichern. Ebenfalls seltener versicherten sich Gründer mit Migrationshintergrund. Hier könnte fehlender Zugang zu ausreichenden Informationen über die Versicherung ausschlaggebend sein.

* Die Autoren kritisieren die Benachteiligung von Selbständigen mit geringerer formaler Ausbildung: Bei gleicher Beitragshöhe erhalten sie ein deutlich niedrigeres Arbeitslosengeld: "Zudem stellt der einheitliche Beitragssatz - der die individuell unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der freiwillig Versicherten außer Acht lässt - das Äquivalenzprinzip in der Sozialversicherung in Frage. (...) Gerechter wäre es vielleicht, nicht nur die Leistungen, sondern auch die Beiträge nach der Qualifikation zu staffeln, um dem Äquivalenzprinzip zu entsprechen."

* Bedenklich: Die Autoren beenden den Bericht mit dem Gedankenexperiment, die Arbeitslosenversicherung für alle Selbständigen zur Pflicht zu machen, die Beiträge à la Künstlersozialkasse auf die Endkunden abzuwälzen und sprechen von wertvollen Erkenntnissen für eine "gesetzlich geregelte Altersvorsorge für Selbständige". Diese Schlussfolgerungen sind unverständlich angesichts der Studienergebnisse, dass nämlich die Arbeitslosenversicherung für Selbständige auf Dauer unattraktiv und zu teuer ist.

Vermisst haben wir im Fazit der Forscher den Vorschlag, die in den letzten Jahren vervierfachten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung wieder zu senken. Nachdem nun klar ist, dass es den befürchteten Missbrauch nicht gibt und die Selbständigen die Versicherungsleistungen nur in sehr geringem Umfang in Anspruch nehmen, liegt diese Forderung nahe.

Verfasst von gruendungszuschuss.de-Redaktion am 03.07.2013 09:45
http://www.gruendungszuschuss.de/?id=52&showblog=3372

Kommentare

Verfasst von michael henschke am 31.07.2013 09:36

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