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Gründungszuschuss

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Fragen und Antworten zu den geplanten neuen Regeln gegen Scheinselbstständigkeit


Arbeitsministerin Nahles hat im November einen Gesetzesentwurf mit neuen, sehr viel strengeren Kriterien zur Abgrenzung von Scheinselbstständigkeit vorgelegt. Die Regeln würden dazu führen, dass ein großer Teil der heute Soloselbstständigen künftig als scheinselbstständig eingestuft würde. Das Gesetz verschärft die bereits bestehende Unsicherheit unter Auftraggebern weiter, so dass sie in vielen Branchen Soloselbstständigen nur noch zurückhaltend und mit vielen Vorsichtsmaßnahmen Aufträge erteilen.

Was ist der Status des Gesetzentwurfs, wann soll das Gesetz in Kraft treten?

Bereits am 16.12.2015 sollte es im Kabinett beraten werden. Statt dessen findet nächste Woche ein Krisentreffen im Bundeskanzleramt statt, in dem die weitere Vorgehensweise besprochen wird. So viel ist klar: Der Entwurf des Ministeriums muss überarbeitet werden, weil das Gesetz weit über im Koalitionsvertrag vereinbarte hinausgeht. Das Ministerium sieht das anders und ist überzeugt, dass ein überarbeiteter Entwurf noch im Januar vom Kabinett beschlosen wird. Er soll dann bis zur Sommerpause vom Bundestag und anschließend vom Bundesrat beschlossen werden. Am 1. Januar 2017 soll das Gesetz in Kraft treten.
 
Welche Abgrenzungskriterien für Scheinselbstständigkeit sind geplant?

Zentrale Merkmale von Scheinselbstständigkeit sind auch künftig die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation und die Weisungsgebundenheit. Bisher sprach man aber in diesem Zusammenhang von „Anhaltspunkten für eine Beschäftigung“, jetzt handelt es sich um Definitionsmerkmale von abhängiger Beschäftigung.

Mit den folgenden acht Abgrenzungskriterien konkretisiert das Arbeitsministerium, was mit Weisungsgebundenheit und organisatorischer Einbindung gemeint ist: Für eine Scheinselbstständigkeit spricht, wenn der Auftragnehmer …

  1. nicht frei darin ist, seine Arbeitszeit oder die geschuldete Leistung zu gestalten oder seinen Arbeitsort zu bestimmen,
  2. die geschuldete Leistung überwiegend in Räumen eines anderen erbringt,
  3. zur Erbringung der geschuldeten Leistung regelmäßig Mittel eines anderen nutzt,
  4. die geschuldete Leistung in Zusammenarbeit mit Personen erbringt, die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind,
  5. ausschließlich oder überwiegend für einen anderen tätig ist,
  6. keine eigene betriebliche Organisation unterhält, um die geschuldete Leistung zu erbringen,
  7. Leistungen erbringt, die nicht auf die Herstellung oder Erreichung eines bestimmten Arbeitsergebnisses oder eines bestimmten Arbeitserfolges gerichtet sind,
  8. für das Ergebnis seiner Tätigkeit keine Gewähr leistet.


Was bedeutet das konkret für mich als Soloselbstständiger bzw. als Auftraggeber?

Bei Soloselbstständigen ohne Maschinen, Lager, Angestellte etc. geht die Deutsche Rentenversicherung regelmäßig davon aus, dass keine eigene betriebliche Organisation unterhalten wird. Dies ist nach dem neuen Gesetz ein starkes Indiz für Scheinselbstständigkeit.

Brenzlig wird es, wenn man in den Räumen des Auftraggebers tätig wird und dessen Arbeitsmittel nutzt. Bei IT-Berufen ist das aus Sicherheitsgründen und aufgrund laufend nötiger Abstimmungen aber z.B. eine Notwendigkeit.

Im Fall von Christa Weidner zeigt, dass bereits die Vereinbarung von Trainingstagen, Veranstaltungsort und Seminarthema mit einem Trainer von der Deutschen Rentenversicherung als Merkmale einer Scheinselbstständigkeit ausgelegt werden.

Im Grunde verbietet das Gesetz Dienstleistungsverträge und anerkennt nur noch Werkverträge, für die der Selbstständige dann Gewährleistung übernehmen muss. Das ist aber nicht im Interesse der Soloselbstständigen, die doch eigentlich geschützt werden sollen.

 
Welche weiteren wichtigen Neuregelungen enthält das Gesetz?

Der Gesetzesentwurf enthält weitere wichtige neue Regelungen:

  • Die sogenannte „Vorratsverleiherlaubnis“ wird abgeschafft. Wenn ein von einer Agentur vermittelter Selbstständiger nachträglich (z.B. durch Statusfeststellungsverfahren) als Arbeitnehmer eingeordnet wird, aber eine solche Erlaubnis vorlag, konnte das Auftrags- bisher in ein Leiharbeitsverhältnis umgewandelt werden und so „geheilt“ werden. Das ist künftig nicht mehr möglich.
  • Die Informationsrechte der Betriebsräte werden erweitert: Sie erhalten das Recht, über die Anzahl der und die vertragliche Ausgestaltung der eingesetzten Werkvertragsnehmer im eigenen Betrieb informiert zu werden. Sie können dabei in Verträge auch mit Soloselbstständigen Einsicht nehmen, erfahren das vereinbarte Honorar und können – so die Befürchtung vieler Soloselbstständiger - bei Zweifeln an der Einhaltung obiger Kriterien eine Prüfung durch die Rentenversicherung einleiten.
  • Der Zoll erhält die Zuständigkeit für die Kontrolle und Ahndung von Scheinselbstständigkeit und unzulässiger Leiharbeit.
  • Leiharbeit / Arbeitnehmerüberlassung wird auf 18 Monate befristet, danach müssen Leiharbeiter automatisch eingestellt werden. Tarifpartner (Gewerkschaften und Arbeitgeber) können sich auf eine längere Überlassung einigen. (Anmerkung: Bei kleinen Unternehmen ohne Betriebsrat sind dementsprechende Ausnahmen also wohl nicht möglich.)
  • Equal pay, also gleiche Bezahlung wie Angestellte, gilt nach 9 Monaten. Wenn Zuschlagstarife zwischen Branchengewerkschaft und Zeitarbeitsbranche bestehen, die spätestens nach sechs Monaten Zuschläge vorsehen, kann von diesem Grundsatz abgesehen werden.
  • Der Einsatz von Leiharbeitern als Streikbrecher wird verboten.

 
 
Wie viele Kriterien müssen gegeben sein, damit von einer Scheinselbstständigkeit auszugehen ist?

Weder die Erfüllung eines einzelnen Kriteriums, noch die Erfüllung mehrerer Kriterien führt automatisch zur Annahme eines Arbeitsvertrages. Auch kann den Kriterien je nach Fallgestaltung unterschiedliches Gewicht zukommen. – Durch eine wertende Gesamtbetrachtung soll den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung getragen werden.

Umgekehrt heißt das aber: Auch wenn die meisten Kriterien für Scheinselbstständigkeit nicht gegeben sind, bedeutet dies keineswegs, dass es sich um eine echte Selbstständigkeit handelt.

Hinzu kommt, dass die neuen gesetzlichen Kriterien unbestimmte Begriffe wie „überwiegend“ und „regelmäßig“ benutzen, so dass allein schon von daher die Einordnung eines Auftragsverhältnisses sehr schwierig bleibt und Auftraggeber und –nehmer auch weiterhin oft nicht wissen können, worum es sich handelt.


Umfassende Informationen, aktuelle Artikel, Stimmen von Arbeitsrechtlern usw.:  www.vgsd.de/scheinselbstaendigkeit/

Petition
für mehr Rechtssicherheit und weitere Aktionen: www.vgsd.de/schein

Verfasst von Andreas Lutz am 09.12.2015 10:02
http://www.gruendungszuschuss.de/?id=52&showblog=3546

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