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Fuck-up-Night: Wenn Unternehmer über ihre schlimmsten Mißerfolge sprechen


In den letzten Jahren haben sich Vortragsformate verbreitet, in denen die Zeit der Redner auf wenige Minuten begrenzt ist, nach einheitlichen Vorgaben werden weltweit Techtalks und StartUp-Nights organisiert - immer geht es dabei darum, sich als erfolgreich darzustellen. Die "Fuck-up-Night" stellt dieses Business-Speeddating auf den Kopf: Statt über ihre größten Erfolge reden vor allem StartUp-Gründer und (ehemalige) Selbständige über ihre schlimmsten Mißerfolge.

Entstanden ist das Format im September 2012 in Mexiko, dort finden in mittlerweile 17 Städten solche Abendveranstaltungen statt. Inzwischen gibt es sie auch in San Francisco, Boston, Paris, Stockholm ... - und in Düsseldorf. Benjamin Teeuwsen hat dort im Coworking-Space "GarageBilk" die erste beiden deutsche Fuck-up-Nächte veranstaltet, die dritte ist für den 28. August 2014 geplant.

Vier Redner berichten in jeweils 10 Minuten, wie sie ihr Projekt oder Gründungsvorhaben gegen die Wand gefahren haben: Was hatten sie vor? Was haben sie falsch gemacht? Was haben sie daraus gelernt? Was würden sie heute anders machen? Es schließt sich jeweils ein kurzer Diskussionsteil an, im Anschluß an die vier Kurzvorträge ist Zeit für ausführliches Networking.

Was die Veranstaltung von anderen unterscheidet

"Es fällt wirklich auf, dass das Publikum den Rednern viel Empathie entgegenbringt. Sie fragen: Wann hast Du erkannt, dass es nicht funktioniert? Wie hat es sich angefühlt, das einzugestehen? Wie hast Du es den Mitarbeitern erkärt?" schildert Teeuwsen seine Eindrücke. "Diese besondere Stimmung, die Bereitschaft, etwas von sich preizugeben und wertschätzend darauf zu reagieren, prägt auch den Networking-Teil der Veranstaltung und unterscheidet ihn von anderen Networking-Events."

Für die Redner ist es oft emotional sehr berührend, über ihre Mißerfolge zu sprechen, aber auch befreiend. Meistens spricht man ja nur über Erfolge. Aber man kann mit Mißerfolgen erst richtig abschließen, wenn man anderen darüber erzählt hat. Wer schwierige Situationen durchgestanden hat, wächst daran und gewinnt Erfahrungen, die er oder sie weitergeben kann.

Genau das ist das Ziel der Veranstaltungsreihe: Sie soll den Lernprozess beschleunigen, indem man aus Mißerfolgen lernt, statt darüber zu schweigen. Schließlich sind es immer wieder dieselben Fehler, über die die Vortragenden berichten.

Die drei häufigsten Fuck-Up-Gründe:

1. Kunden nicht gefragt

Viele Gründer und auch Software-Entwickler berichten, dass sie es vor lauter Begeisterung über ihre Geschäftsidee versäumt haben, die potenziellen Kunden und Nutzer zu befragen. Oft stellte sich dann heraus, dass die Zielgruppe sich für das Produkt nicht ausreichend interessierte, nicht bereit war dafür zu zahlen bzw. den Anbieter zu wechseln. Oft hätte es schon gereicht, Freunde oder Kollegen zu fragen und das Produkt weiterzuentwickeln.

2. Ohne Plan und ohne Berater

Viele Gründer denken, sie brauchen keine Hilfe von außen und schaffen alles alleine. Beratung ist zu teuer. Nachfragen kostet Zeit, es muss schnell gehen. Ein Businessplan ist überflüssig. Dadurch häufen sich vermeidbare Fehler, bald sind sie nur noch am reagieren und versäumen es, sich um das wirklich Wichtige zu kümmern, z.B. die Gewinnung neuer Kunden.

3. Augen zu und durch

Oft zeigen sich die ersten Warnzeichen schon früh, werden aber ignoriert. Die Bank stuft das Vorhaben als hochriskant ein, der Geldgeber zieht sich zurück, als ihm klar wird, dass er sein Kapital verlieren könnte. Aber die Immobilie ist schon ausgesucht, der Mietvertrag unterschriftsreif, der Vermieter drängt. Viele verpassen den Punkt, an dem sie gerade noch aussteigen könnten.

Weiß man das nicht alles, sagt einen das nicht der gesunde Menschenverstand?

Als Zuhörer entwickelt man bei der Fuck-up-Night ein Bauchgefühl, ein Gespür dafür, wo die Grenze zwischen gesundem Optimismus und Selbstüberschätzung verläuft.

Benjamin Teeuwsen hat die Idee für die Veranstaltungsreihe direkt aus Mexiko importiert: "Ich war Anfang des Jahres für fünf Wochen in Mexiko, habe in Mexico City die Coworking Szene erkundet und dort von der FuckUpNight erfahren. Das Konzept scheint in Deutschland einen Nerv zu treffen, obwohl hier ja eine gewisse Perfektionskultur herrscht."

Die wenigsten Startup-Gründer sind Senkrechtstarter. Teeuwsen: "Erfolgsgeschichten werden oft hinterher so konstruiert, wie es am Besten klingt. Da wird zu wenig hinterfragt, ob es nicht viel Glück, gute Kontakte oder Investment war. Ich finde, wir brauchen eine Kultur des Fehler-Machens. Und des Daraus-Lernens! Es geht nicht um Versagen, sondern den Mut, etwas Neues zu probieren. Wenn man immer den sicheren Weg geht, das ist viel mehr ein Scheitern."

Lesetipp zum Thema: Sascha Suden berichtet in "Hilfe, ich habe gegründet!" kurzweilig, aber betriebswirtschaftlich fundiert, wie bei seiner Gründung aus kleinen Fehlern eine große Krise wurde. Sechs Jahre führte Suden gemeinsam mit einem Partner ein exklusives - und von außen betrachtet außerordentlich erfolgreiches - Einzelhandelsgeschäft für Blumen, Möbel und Accesoires in Berlin - mit Kunden wie Cartier, Lufthansa und Bundestag. Im Buch berichtet er über die Geschichte hinter den Kulissen.

Verfasst von Andreas Lutz am 31.07.2014 08:14
http://www.gruendungszuschuss.de/?id=161&showblog=3450

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