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80.000 unterzeichnen Petition gegen Rentenversicherungspflicht für Selbständige - Interview mit Initiator Tim Wessels


In unserem Newsletter vom 9. Mai haben wir die Bundestags-Petition gegen die Altersvorsorgepflicht für Selbständige vorgestellt. Damals hatten gerade einmal 630 Mitzeichner unterschrieben. Bis zum Ende der Zeichnungsfrist am 22. Mai, also innerhalb von weniger als zwei Wochen, stieg die Zahl der Mitzeichner auf 80.629. Wir haben Initiator Tim Wessels (27) nach seinen Motiven und Zielen gefragt. Wessels hat bereits zu Schulzeiten eine Firma gegründet, die heute an den Standorten Münster und Hamburg zehn Mitarbeiter beschäftigt.

gruendungszuschuss.de: Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Erfolg. Was war der Anlass für Sie, die Petition einzureichen?

Wessels: Als ich durch einen Artikel in der "ZEIT" von den Plänen der Arbeitsministerin erfahren habe, war ich sehr verärgert. Ich habe mich ganz bewusst für die Selbständigkeit entschieden, weil ich selbst für mein Leben Verantwortung übernehmen wollte – dazu gehören auch die Finanzen. Und das will ich auch weiterhin, daher finde ich es besonders problematisch, wenn mir der Staat ein großes Stück meiner Eigenverantwortung nimmt. Über die Altersvorsorge zu entscheiden, ist sicher nicht das Schwierigste, was man als Unternehmer zu tun hat. Selbständige sind durchaus in der Lage, für ihre Altersvorsorge die richtigen Entscheidungen zu treffen. Es gibt jedoch auch viele Menschen, die den geplanten Betrag von 350 bis 400 Euro - sei es temporär oder dauerhaft - nicht aufbringen können. Selbständige, die heute einer produktiven Tätigkeit nachgehen, würden dadurch in Hartz IV gedrängt.

gruendungszuschuss.de: Eine gute Altersvorsorge ist doch wichtig. Warum sind Sie gegen das Gesetz?

Wessels: Natürlich ist eine Altersvorsorge sehr wichtig, darüber müssen sich Selbständige auf jeden Fall Gedanken machen. Ein sehr großes Problem bei den Plänen von Frau von der Leyen besteht aber darin, dass sich die Beiträge nicht am Einkommen orientieren, wie es bei Angestellten der Fall ist, sondern an dem zum Erreichen eines gewissen Rentenniveaus notwendigen Betrag. So wäre es zum Beispiel möglich, dass der Rentenbeitrag höher ist als das gesamte Einkommen eines Selbständigen. Private Vorsorge soll zwar möglich bleiben, allerdings nur unter strengen Auflagen. Investitionen beispielsweise in Immobilien oder Aktienfonds würden dabei nicht berücksichtigt. Ausgerechnet die Selbständigen, die schon vorsorgen, also der überwiegende Teil, werden außerdem große Probleme bekommen. Wer etwa zur Altersvorsorge in eine Immobilie investiert hat, kann seine monatlichen Raten für den Kredit ja nicht einfach aussetzen, muss aber dann noch eine weitere Rentenversicherung bedienen.

gruendungszuschuss.de: Viele Selbständige sehen das jetzt geplante Gesetz als kleineres Übel, denn eine rot-grüne Koalition könnte ebenfalls eine Rentenversicherungspflicht für Selbständige einführen. Allerdings müssten Selbständige dann wohl in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, das Geld wäre also nicht unbedingt rentabler angelegt.

Wessels: Na ja, ein Konzept wie zum Beispiel die „Bürgerversicherung“ der Grünen hätte gegenüber von der Leyens Plan den Vorteil, dass die Beiträge einkommensabhängig wären. Allerdings könnten Selbständige dann gar nicht mehr privat vorsorgen, sondern würden quasi in die gesetzliche Rentenversicherung gezwungen. Das würde in vielen Fällen sogar eine schlechtere Altersvorsorge bedeuten, da fraglich ist, welche Leistungen man als junger Mensch im Alter tatsächlich von der gesetzlichen Rentenversicherung erwarten kann. Eine sinnvolle Streuung des Risikos wäre ebenfalls nicht möglich. Und natürlich bleibt das Problem, dass Selbständige mit bestehender privater Altersvorsorge aus dieser „aussteigen“ müssten, was zu großen finanziellen Verlusten und Problemen führen kann.

gruendungszuschuss.de: Als ich in unserem letzten Newsletter über die Petition berichtete, waren erst 630 Unterschriften zusammengekommen, obwohl die Petition ja schon einige Wochen lief. Was hat die Welle an Mitzeichnern in Gang gesetzt?

Wessels: Ich habe die Petition im März eingereicht, dann hat es erst einmal etwa sechs Wochen gedauert, bis sie geprüft und online war. In den ersten zwei Wochen haben relativ wenige Personen unterschrieben. Dann kam der Stein langsam ins Rollen. Daran haben Sie mit Ihrem Newsletter ja auch Anteil. Es kamen Mitstreiter dazu, zum Beispiel mehrere Übersetzer, zudem haben wir gezielt Blogs und Politiker kontaktiert. Genau weiß ich nicht, was am Ende entscheidend war. Die Zahl der Mitzeichner hat sich von Tag zu Tag verdoppelt. Am Peak haben 15.000 Personen täglich mitgezeichnet. Auch unsere Facebook-Seite hatte einen wichtigen Anteil. Wir haben dort eine Veranstaltung eingerichtet, zu der man seine Facebook-Kontakte einladen konnte. Fast 100.000 Personen wurden auf diese Weise eingeladen mitzuzeichnen.

gruendungszuschuss.de: Haben Sie selbst schon für Ihr Alter vorgesorgt? Und sind Sie von dem Gesetz persönlich betroffen?

Wessels: Ich bin davon voll betroffen, da ich bei der Einführung noch unter 30 Jahre alt sein werde. Für diejenigen im Alter zwischen 30 und 50 wird es gewisse Erleichterungen geben. Ich habe bereits einiges Geld angespart, obwohl ich erst 27 bin. Das habe ich noch nicht gezielt in bestimmte Anlageformen investiert, aber eine Entscheidung dazu steht jetzt an.

gruendungszuschuss.de: Momentan scheint sich die Politik ja gegen Gründer und Selbständige verschworen zu haben. Wie sehen Sie das?

Wessels: Ich habe generell das Gefühl, dass es in der Politik an Bewusstsein mangelt, was Selbständigkeit bedeutet. Das liegt sicher auch daran, dass es wenige echte Selbständige im Bundestag gibt. Die Gesetze, die die Abgeordneten vorschlagen und verabschieden, werden der Realität von Unternehmern oft überhaupt nicht gerecht.

gruendungszuschuss.de: Bei Petitionen mit über 50.000 Mitzeichnern darf man sein Anliegen persönlich vor dem Petitionsausschuss vorstellen. Haben Sie schon die Einladung erhalten?

Wessels: Ich habe mit dem Petitionsausschuss telefoniert. Es dauert relativ lange, bis er tätig wird und es zu einer öffentlichen Sitzung kommt, das wird nicht vor Ende des Jahres passieren. Er wird zudem erst tätig, wenn ein Gesetzentwurf eingebracht ist. Deshalb finde ich es wichtig, sich nicht allein auf den Petitionsausschuss zu verlassen und selbst aktiv zu werden, zum Beispiel Politiker anzuschreiben und den direkten Kontakt zur Politik herzustellen. Wir formulieren dazu gerade Musterbriefe. In unserer Facebook-Gruppe, auf die unter facebook.com/keinrentenzwang verlinkt wird, kann sich jeder an dieser und weiteren Aktionen beteiligen.

Verfasst von gruendungszuschuss.de-Redaktion am 06.06.2012 14:21
http://www.gruendungszuschuss.de/?id=15&showblog=3223

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