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Forschungsinstitute einig: Ich-AG war Erfolg, ihre Abschaffung übereilt


(gruendungszuschuss.de) Nach DIW und GfA meldet nun auch das der Bundesagentur für Arbeit nahestehende IAB: Ich-AG und Überbrückungsgeld waren unterm Strich ein Erfolg, sie gehörten zu den wirksamsten Instrumenten der Arbeitmarktpolitik, ihre Abschaffung und Ersetzung durch den Gründungszuschuss waren übereilt. Freundlich verpackt, aber doch bestimmt ist die Kritik an der Regierung, die positive Zwischenergebnisse der Forscher ignorierte und ihren Abschlußbericht nicht abwarten wollte – offenbar weil sich die Vorurteile über die Ich-AG verselbständigt hatten.

Hinter den Kürzeln steht geballter Sachverstand im Bereich Arbeitsmarktforschung: Bereits im Januar 2007 hatte Marco Caliendo vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) einen zusammenfassenden Bericht veröffentlicht, kurz darauf Alexander Kritikos von der Gesellschaft für Arbeitsmarktaktivierung (GfA) und nun im April (gemeinsam mit den Vorgenannten) Frank Wießner vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB). Desweiteren waren an der Hartz-Evaluation auch sinus und infratest beteiligt.

Fast zwei Jahre lang haben sie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit die Wirksamkeit der Gründungsförderung analysiert. Eigentlich sollte aufgrund ihrer Forschungsergebnisse über die Fortsetzung der Ich-AG entschieden werden. Bereits vor einem Jahr hatten die Forscher mit überraschend positiven Ergebnissen die Politiker überrascht. Die Koalition hatte sich jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits auf das Ende der Ich-AG festgelegt. Bundesarbeitsminister Franz Müntefering, der vor einer Neuordnung der Gründungsförderung die endgültigen Forschungsergebnisse gerne noch abgewartet hätte, konnte sich dabei nicht gegenüber dem Koalitionspartner durchsetzen.

Wichtigster Vorteil der Ich-AG: Mit ihr wurden Zielgruppen erreicht, die im Gründungsgeschehen zuvor unterrepräsentiert waren, insbesondere ermutigte die Ich-AG sehr viel mehr Frauen zur Gründung. Der Frauenanteil bei der Ich-AG betrug fast 50 Prozent, beim Überbrückungsgeld nur 25 Prozent. Auch bezüglich Alter und Qualifikation war die Zielgruppe der Ich-AG eine ganz andere als beim Überbrückungsgeld. Die Charakteristika der Überbrückungsgeldgründer entsprachen dabei weitgehend der anderer, nichtgeförderter Gründer, die der Ich-AG-Gründer viel mehr dem Durchschnitt der Arbeitslosen. Die Ich-AG sprach also vor allem Personengruppen an, die zuvor beim Überbrückungsgeld und im Gründungsgeschehen insgesamt unterrepräsentiert waren.

Vorurteile und Wirklichkeit

Das IAB kontrastiert die Vorurteile vieler Politiker und auch Experten mit den tatsächlichen Entwicklungen: Die Fachöffentlichkeit erwartete "Substitutionswirkungen zwischen den beiden Programmen sowie – für den unwahrscheinlichen Fall einer Zunahme der geförderten Gründungen – zeitverzögert eine Pleitewelle gleichen Umfangs. Hinsichtlich der Effektivität des ExGZ ging man bestenfalls von Wirkungslosigkeit aus."

Von einer Substitutionswirkung konnte keine Rede sein: Statt dessen stieg – wie allgemein bekannt - nach Einführung der Ich-AG die Zahl der Gründungen aus der Arbeitslosigkeit auf ein nie gekanntes Niveau. Auch die befürchtete Pleitewelle ist ausgeblieben. Und nachhaltig waren die Gründungen auch:

28 Monate nach Gründung waren je nach Geschlecht, Wohnort (Ost/West) und Förderinstrument noch 66 bis 81 Prozent selbständig, bis zu 15 Prozent waren zwar nicht mehr selbständig, hatten aber wieder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gefunden. Nur zwischen 8 und 16 Prozent waren noch arbeitslos oder arbeitssuchend. Fazit des IAB: "Die Verbleibsquoten entsprechen im Großen und Ganzen den Beobachtungen früherer Untersuchungen des Fördergeschehens. Auch gegenüber Gründungen, die nicht von vormals Arbeitslosen unternommen wurden, lassen sich kaum Unterschiede feststellen."

Positive Beschäftigungs- und Einkommenseffekte

Die geförderten Gründungen sicherten aber nicht nur die Existenz des Gründers, sondern durch sie konnten auch weitere Arbeitsplätze geschaffen werden, wobei dieser zusätzliche Beschäftigungseffekt bei den Überbrückungsgeldgründern deutlich höher war. Auch tendierten sie stärker dazu, sozialversicherungspflichtige Voll- und Teilzeitstellen zu schaffen, während Ich-AG-Gründer häufiger freie Mitarbeiter und geringfügig Beschäftigte einstellten. Interessanterweise wurde schon in einer frühen Phase grundsätzlich darüber entschieden, ob und wie viele Mitarbeiter beschäftigt werden sollen. Wer zum Befragungszeitpunkt noch keine Mitarbeiter hatte, machte zumeist deutlich, dass dies auch gar nicht seine oder ihre Zielsetzung sei.

Gründer sind oft eine positive Auswahl aller Arbeitsloser. Um einen fairen Vergleich durchführen zu können, wurde eine Kontrollgruppe mit "statistischen Zwillingen" gebildet, also Gründern Nichtgründer gegenübergestellt, die bezüglich Bildung, Alter usw. ähnliche Charakteristika aufweisen.

Zunächst wurde der Prozentsatz derjenigen verglichen, die zum Befragungszeitpunkt selbständig oder sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren. Der Unterschied zur Kontrollgruppe betrug bei Überbrückungsgeldgründern zwischen 28 und 39 Prozent, bei der Ich-AG sogar zwischen 36 und 49 Prozent. Die höchsten Beschäftigungseffekte waren bei Frauen und im Osten Deutschlands zu beobachten. Beispiel: Die Wahrscheinlichkeit ostdeutscher Frauen, die die Ich-AG-Förderung in Anspruch nahmen, nach 28 Monaten noch selbständig oder sozialversicherungspflichtig beschäftigt zu sein, war um 49 Prozentpunkte  höher als bei Nichtgründerinnen mit ansonsten identischen Voraussetzungen. Das ist meines Erachtens ein grandioser Erfolg!

Zweites Ergebnis dieses "Matching": Geförderte Gründer verfügen 28 Monate nach Gründung über ein deutlich höheres Einkommen als ihre statistischen Zwillinge, die nicht gründeten, sondern weiter einen Arbeitsplatz suchten. Mit Überbrückungsgeld geförderte Gründer hatten im Durchschnitt ein 616 bis 778 Euro höheres Gesamteinkommen, Ich-AG-Gründer verdienten zwischen 140 bis 480 Euro mehr.

Das Überbrückungsgeld war besonders wirtschaftlich

Auch die monetäre Effizienz der Förderung wurde untersucht: Sparte die Bundesagentur für Arbeit durch die Zuweisung von Arbeitslosen in die beiden Programme Mittel ein oder wäre es billiger gewesen, weiterhin Arbeitslosengeld zu bezahlen (auch wenn die Arbeitslosen dann möglicherweise in Hartz-IV abgerutscht wären)? Für das Überbrückungsgeld ergeben sich durchweg positive Werte: Unterm Strich sparte die Arbeitsagentur bis zu 2.900 Euro pro Kopf, indem sie Gründern Überbrückungsgeld zahlte. "Das Überbrückungsgeld erweist sich (...) als besonders wirtschaftliche Förderung, bei der die Bundesagentur für Arbeit Geld spart."

Beim als Ersatz eingeführten Gründungszuschuss sehen die Forscher die monetäre Effizienz nicht so positiv. Dadurch, dass der bei Gründung bestehende Restanspruch mit der Förderung verrechnet wird, also de facto meist verfällt, setzt die Förderung einen Anreiz, zunächst das Arbeitslosengeld auszureizen. Außerdem sei die Förderhöhe ohne Not gegenüber dem Überbrückungsgeld erhöht worden. Unter dem Strich könnte sich deshalb bei einer Evaluation in einigen Jahren eine niedrigere monetäre Effizienz als beim Überbrückungsgeld ergeben.

Bei der Ich-AG war die monetäre Effizienz dagegen durchgängig negativ, weil die Ich-AG-Förderung relativ hoch war im Vergleich zum durch die Gründung eingesparten Arbeitslosengeld I. Bis zu 8.100 Euro bei Frauen und bis zu 5.400 Euro bei Männern zahlte die Arbeitsagentur hier drauf. Umgerechnet auf die Förderdauer ergaben sich allerdings monatliche Nettokosten von weniger als 200 Euro monatlich. "Im Vergleich zu den Kosten vieler anderer arbeitsmarktpolitischer Programme erscheint dies gering."

Das IAB fasst zusammen: "Der im Vorfeld kritisierte Existenzgründungszuschuss hat während seiner Laufzeit eine Wirkung entfaltet, die in keiner Weise vorhergesehen wurde. Die Ich-AG zählt damit zu den erfolgreichen Ansätzen unter den Hartz-Reformen. (…) Alles in allem lässt sich die Abschaffung der beiden Programme nicht mit Erfolglosigkeit begründen. Dagegen birgt die inzwischen erfolgte Zusammenlegung von ÜG und ExGZ zum neuen Gründungszuschuss Risiken."

Als Kritik an der immer kurzatmiger und aktivistischer werdenden Politik muss der letzte Satz gewertet werden: "Wünschenswert wäre es, der Evaluationsforschung mehr Zeit zu geben, um auch längerfristige Effekte von Programmen einschätzen zu können. (…) Insgesamt schien die Gründungsförderung gerade mit zwei unterschiedlichen Programmen ein vielversprechender Ansatz aktivierender Arbeitsmarktpolitik zu sein."



IAB-Kurzbericht "Unterm Strich ein Erfolg": doku.iab.de/kurzber/2007/kb1007.pdf

Verfasst von Andreas Lutz am 16.04.2007 15:29
http://www.gruendungszuschuss.de/?id=15&showblog=2276

Kommentare

Verfasst von Thomas Leye am 08.03.2008 18:47

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