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Gläserner Gründer: Businessplan fürs Finanzamt?


Für Unruhe bei vielen Gründern sorgt dieser Tage der kürzlich geänderte "Fragebogen zur steuerlichen Erfassung": Demnach sollen Empfänger des Gründungszuschusses dem Finanzamt ihren Geschäftsplan vorlegen. Wir erläutern die Hintergründe und geben erste Tipps zum Umgang mit der neuen Bürokratiehürde.

Wer sich selbstständig macht, muss den "Fragebogen zur steuerlichen Erfassung" ausfüllen. Der ist unter anderem Voraussetzung für die Erteilung einer betrieblichen Steuernummer und die Grundlage für die Festsetzung von Steuervorauszahlungen. Berechnungsgrundlage sind die selbst geschätzten "voraussichtlichen Einkünfte" des Steuerpflichtigen. Als vorsichtige Geschäftsleute setzen die meisten Gründer ihre Gewinnerwartungen für das erste Geschäftsjahr im Finanzamts-Fragebogen sicherheitshalber eher etwas niedriger an.

Kaufmännische Vorsicht

Was ja auch vernünftig ist: Denn erfahrungsgemäß gibt es bei den meisten Gründungen mehr oder weniger große Anlaufprobleme. Wer dann aufgrund allzu positiver Gewinnschätzungen unverhältnismäßig hohe Einkommensteuervorauszahlungen leisten muss, kommt schnell in vermeidbare Zahlungsschwierigkeiten. Und selbst wenn sich die Geschäfte aufs Jahr gesehen tatsächlich positiv entwickeln, dann doch eher gegen Ende des ersten Geschäftsjahres.

All diese Praxiserfahrungen kümmern den Fiskus scheinbar nicht besonders: Denn zusätzlich zu den Angaben über die voraussichtlichen Einkünfte sollen Gründer, die einen Gründungszuschuss bekommen, laut Textziffer 2.8 (= Zeile 83) des amtlichen Fragebogens künftig auch einen "Geschäftsplan (‚Business-Plan')" beifügen:

Das führt zu einem beunruhigenden Plausibilitätsproblem: Denn ein Geschäftsplan, der einem Geldgeber (ganz gleich, ob das die Bundesagentur für Arbeit ist oder ein Geldinstitut) vorgelegt wird, basiert ja üblicherweise auf einem zwar möglichst realistischen, im Zweifel aber eher positiven Geschäftsverlauf. Schließlich gilt es, die Tragfähigkeit des Vorhaben zu untermauern. Die Prognose fürs Finanzamt hingegen orientiert sich eher am unteren Ende des Erwartungshorizonts.

Amtlicher Informations-Hunger

Klar ist: Der Fiskus will mehr Informationen über neue Unternehmen und Freiberufler-Existenzen - und zwar je früher, desto besser. Neben einer (vermeintlich) realistischeren Besteuerungsgrundlage und zeitnäheren Steuereinnahmen sollen typische Zweifelsfälle früher identifiziert werden - insbesondere bei der Inanspruchnahme von Umsatzsteuer-Ermäßigungen und -befreiungen. Außerdem soll möglichst frühzeitig geklärt werden können, ob eine Tätigkeit gewerblichen oder freiberuflichen Charakter hat: Denn davon hängt bekanntlich unter anderem die Gewerbesteuerpflicht ab.

Gute Gründe für die Neugier des Fiskus gibt es demnach ebenso viele wie Anlässe für Steuerpflichtige, sich dem amtlichen Informationshunger nicht kritiklos und in vorauseilendem Gehorsam zu unterwerfen: Ist die vermeintliche "Vorschrift" wirklich so gefährlich, wie sie mancherorts beschrieben wird? Wohl kaum:

  1. Ob das Finanzamt tatsächlich Anspruch auf die Einsicht in den Geschäftsplan hat, ist mehr als fraglich: Erstens ist die "Bitte" um das Beifügen des Geschäftsplans nicht mehr als genau das: eine Bitte. Anders als bei der Bewilligung des Gründungszuschusses durch die Arbeitsagentur gibt es für eine Vorlagepflicht beim Finanzamt bislang überhaupt keine rechtliche Grundlage. Hinzu kommt die offensichtliche Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen: Warum sollte ein Gründungszuschuss-Empfänger mehr Informationspflichten haben als ein Einstiegsgeld-Bezieher oder auch der Bankmanager, der sich mit dem goldenen Handschlag seines bisherigen Arbeitgebers selbstständig macht?
  2. Die Aufnahme der Geschäftstätigkeit ist von der Vorlage des Business-Plans definitiv nicht abhängig. In Deutschland herrscht Berufs- und Gewerbefreiheit. Das rechtzeitige Anzeigen einer selbstständigen Tätigkeit reicht grundsätzlich aus. Das gilt auch für die Anmeldung beim Finanzamt.
  3. "Den" Businessplan gibt es nicht: Dass im Geschäftsleben mit unterschiedlichem Zahlenmaterial gearbeitet wird, ist zwischen Kaufleuten und Finanzbeamten ein mehr als offenes Geheimnis. Selbst Jahresabschlüsse kommen je nach Adressat unterm Strich zu verschiedenen Ergebnissen (Stichwort: Steuerbilanz vs. Handelbilanz). Wenn Sie also nach Rücksprache mit Ihrem Gründungs- oder Steuerberater lieber nicht die "Original"-Version des Businessplans für die Arbeitsagentur einreichen, der Bitte des Finanzamts aber trotzdem entsprechen wollen, können Sie dort ohne Weiteres einen überarbeiteten "Plan B" einzureichen.
  4. Wollen Sie sich diese Mühe nicht machen, kann das Finanzamt mangels Geschäftsplan theoretisch Ihre "voraussichtlichen Einkünfte" bezweifeln und stattdessen höhere Einkommensteuervorauszahlungen ansetzen. Sollte dieser Fall eintreten, haben Sie die Möglichkeit, dagegen jederzeit Widerspruch einzulegen und realistische Vorauszahlungen zu verlangen. An diesem Anspruch hat sich nichts geändert. Können Sie Ihre tatsächliche Ertragslage nicht plausibel machen, laufen Sie dann jedoch Gefahr, dass es in einer sehr frühen Phase Ihrer Gründung zu einer verdachtsbedingten Steuerprüfung kommt.

Fazit:

Lassen Sie sich bloß nicht ins Bockshorn jagen: Niemand muss dem Fiskus einen Businessplan vorlegen. Weder Ihr Startzeitpunkt noch die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit sind bei Fehlen eines Geschäftsplans gefährdet. Prüfen dürfen und werden die Finanzämter eventuell vorgelegte Plandokumente ebenfalls nicht: Schlimmstenfalls übernehmen sie eine unzutreffend hohe Gewinnprognose - und setzen zu hohe Steuervorauszahlungen an. Gegen die können Sie sich notfalls immer noch wehren. Hinzu kommt, dass die wenigsten Finanzämter Existenzgründern gezielt Knüppel zwischen die Beine werfen: Schließlich sollen aus diesen Kälbern kräftige Kühe werden, die möglichst lange gemolken werden können.

Kein Grund zur Panik also - künftig aber noch ein guter Grund mehr, mit Unterstützung eines qualifizierten Gründungsberaters nicht nur die Tragfähigkeit eines Gründungsvorhabens gegenüber der Arbeitsagentur plausibel zu machen, sondern auch die Kommunikation mit dem Finanzamt zu optimieren. Viel wichtiger als die Höhe der anfänglichen Steuervorauszahlungen kann dabei die richtige Beschreibung der aufgenommenen Tätigkeit sein: Denn wenn aus einem Freiberufler ungewollt ein Gewerbetreibender wird, zieht das nicht nur die Gewerbesteuerpflicht nach sich, sondern unter Umständen auch verschärfte Buchführungsvorschriften.

Tipp: Wenn Sie Fragen zur Vorlage eines Businessplans beim Finanzamt  haben, hilft Ihnen unser Rückruf-Service gern weiter.

Verfasst von Robert Chromow am 23.11.2008 13:20
http://www.gruendungszuschuss.de/?id=128&showblog=2606

Kommentare

Verfasst von Volker Kneer am 15.01.2009 09:50


Verfasst von Bethke am 12.01.2009 09:21


Verfasst von Saidel, Thomas am 01.12.2008 16:08

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