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Neue Definition der Hauptberuflichkeit: Viele Teilzeit-Gründer müssen ab sofort mit höheren Krankenversicherungs-Beiträgen rechnen


(gruendungszuschuss.de) Bisher haben gesetzliche Krankenkassen bei Mitgliedern, die zugleich selbständig und angestellt waren, in der Regel die Anstellung als Hauptberuf betrachtet. Die Beschäftigten waren dann über ihren Arbeitgeber versichert und mussten nur auf das dort erzielte Einkommen Beiträge zahlen. Das konnte dazu führen, dass ein Beschäftigter, der nur einen Tag pro Woche angestellt war und als Selbständiger wesentlich mehr verdiente, trotzdem nur auf sein Gehalt Beiträge leisten musste.

Ab sofort aber schauen die Kassen genauer hin und haben strengere Regeln für die Abgrenzung von Haupt- und Nebenberuf entwickelt. Für viele bedeutet das das Ende der Krankenversicherung zum Schnäppchenpreis.

Bislang galten für die Abgrenzung schwammige und vor allem schwer nachprüfbare Kriterien. Entscheidend war vor allem die Arbeitszeit: Wer mehr als 18 Stunden pro Woche auf eigene Rechnung arbeitete, galt als hauptberuflich selbständig. Das Problem dabei: Nicht jeder Selbständige schaut genau auf die Uhr und kann mit Sicherheit sagen, ob er 15 oder 19 Stunden arbeitet. Und es ist nicht ungewöhnlich für Selbständige in Teilzeit, dass die Wochenarbeitszeit je nach Auftragslage schwankt – im Zweifel dürften solche Selbständigen Angaben zu ihren Gunsten gemacht haben und als nebenberuflich selbständig registriert worden sein.

Jetzt aber haben die Krankenkassen messbare Kriterien eingeführt. Als hauptberuflich selbständig gilt jetzt, wer mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt:

- Sie beziehen in der Regel den größeren Teil des Einkommens aus der selbständigen Tätigkeit,
- Sie arbeiten mehr als 20 Stunden/Woche selbständig,
- Sie beschäftigen einen Mitarbeiter mehr als nur geringfügig (bis 400 Euro).

Das Einkommen aus selbständiger und nicht-selbständiger Tätigkeit ist sehr viel einfacher zu überprüfen als die aufgewendete Arbeitszeit. Trotzdem kann es in Grenzfällen zu Zweifeln kommen. Dann muss eine intensivere Prüfung stattfinden. Wolfang Ulrich, Chefredakteur der SiMA Jura News, vertritt die Auffassung, dass die Selbständigkeit mehr als 20 Prozent mehr Einkommen generieren muss als die Anstellung, damit die Kassen einen Wechsel des Berufsstatus' vornehmen können. In Ausnahmesituationen wie etwa der Elternzeit gelten weitere Besonderheiten: Wird die Anstellung für eine begrenzte Phase unterbrochen, die Selbständigkeit aber weitergeführt, gilt sie dadurch nicht automatisch als hauptberuflich, sofern sie nicht ausgeweitet wird. 

Die neuen, klaren Regeln sind sicherlich gerechter als die bisherigen schwammigen. Die Beschäftigten aber, die nun vom Status nebenberuflicher zu hauptberuflicher Selbständigkeit wechseln, müssen sich mit Folgen auseinandersetzen, die nicht nur erfreulich für sie sind.
 
- Freie Versicherungswahl: Positiv ist zunächst, dass Sie als Selbständige jederzeit in die private Krankenversicherung wechseln können. Da die Anstellung nur noch als Nebenjob gilt, sind Sie von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreit.

- Höhere Mindestbeiträge und höhere Bemessungsgrundlage: Wenn Sie als Selbständiger freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben, müssen Sie einen Mindestbeitrag von derzeit 286 Euro (ohne Krankentagegeld, sonst 297 Euro) zahlen. Dies entspricht einem Verdienst von 1.916 Euro. Verdienen Sie weniger, zahlen Sie Beiträge auf ein Einkommen, das Sie gar nicht haben. Würde hingegen Ihre Anstellung als Hauptberuf gelten, sind als Beitrag derzeit 15,5 Prozent fällig, wovon Ihr Arbeitgeber 7,3 Prozent übernimmt – und das nur auf Ihr Bruttogehalt. Das Einkommen aus Ihrer Selbständigkeit bleibt in diesem Fall unberücksichtigt!

- Dies gilt auch für die Beiträge zur Pflegeversicherung. Die Mindestbeiträge liegen hier bei 37 Euro (Kinderlose: 42 Euro).
 
- Keine kostenlose Familienversicherung: Während Sie sich bisher über Ihren Ehepartner oder die Eltern in der kostenlosen Familienversicherung absichern konnten, weil Sie sehr wenig Gewinn oder sogar nur Verlust erzielt haben, so sind Sie künftig als hauptberuflich Selbständiger in jedem Fall selbst beitragspflichtig.

Für die meisten Selbständigen in Teilzeit dürften die Nachteile aus den Änderungen überwiegen. Wie Sie am besten damit umgehen, hängt von Ihrer konkreten Situation ab:

Verdienen Sie durch die Selbständigkeit nur wenig mehr als durch die Anstellung, so könnte es sich lohnen, einige Aufträge abzulehnen, um hauptberuflich angestellt zu bleiben und somit Krankenkassenbeiträge zu sparen. Wenn der Unterschied nur gering ist, könnten Sie auch Ihre Betriebsausgaben erhöhen und so die Einnahmen aus der Selbständigkeit senken.

Falls Sie als Selbständiger deutlich mehr als als Angestellter verdienen, müssen Sie sich wohl oder übel auf höhere Krankenversicherungsbeiträge einstellen. Die Anstellung hat sich bisher vielleicht nur deshalb gerechnet, weil Sie Beiträge gespart haben. Somit stellt sich jetzt die Frage, ob sich die Teilzeit-Anstellung ohne diese Subvention überhaupt noch lohnt. Oder Sie nutzen die Möglichkeit, in die private Krankenversicherung zu wechseln. Vielleicht sparen Sie auf diese Weise Beiträge und erhalten zugleich noch deutlich besserere Leistungen. Rechnen Sie es für sich durch.

Einen Strich durch die Rechnung macht die Neuregelung auch älteren, privat versicherten Unternehmern, die vorhatten, neben ihrer Selbständigkeit ein Arbeitsverhältnis in Teilzeit einzugehen, um wieder in die gesetzliche Krankenversicherung zurückkehren zu können. Das ist jedoch nur möglich, wenn die Anstellung der Hauptberuf ist. Ob er das wirklich ist, lässt sich nun eindeutig feststellen.

Die neuen Regeln gelten seit 1. Januar 2011. Wer sich jetzt zusätzlich zu einer Festanstellung selbständig macht, wird sofort entsprechend der neuen Regeln eingeordnet. Waren Sie bereits vor dem 1. Januar selbständig, so geht man von Ihrem bisherigen Status aus. Die neuen Regeln werden erst bei der nächsten Überprüfung des Versicherungsverhältnisses angewandt. Zum Beispiel könnte es passieren, dass Ihre Krankenversicherung Sie anschreibt und um Auskünfte zum Umfang und Verdienst bittet. Wir sind dabei, zu klären, ob Sie Differenz-Beiträge dann gegebenenfalls rückwirkend nachzahlen müssen und informieren Sie über das Ergebnis in einem künftigen Newsletter.

Unter www.gruendungszuschuss.de/index.php?id=14 bieten wir telefonische Beratung an. Experten zum Thema Sozialversicherung, Künstlersozialkasse und vielen weiteren Themen beantworten Ihre Detailfragen. Eine genaue Darstellung zur Höhe der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für Selbständige finden Sie in unserem Buch „Gründungszuschuss und Einstiegsgeld“ (www.gruendungszuschuss.de/index.php?id=50).

Verfasst von gruendungszuschuss.de-Redaktion am 09.02.2011 16:14
http://www.gruendungszuschuss.de/?id=128&showblog=2938

Kommentare

Verfasst von Chantal am 10.02.2017 13:36


Verfasst von Friedemann Kempka am 07.01.2016 17:24


Verfasst von Ercan adli am 11.11.2015 08:50

Antwort:

Hallo Ercan,

ich würde erst mal in den Arbeitsvertrag schauen, was dazu geregelt ist, normalerweise gibt es mindestens eine Informationspflicht.

Wenn Ihr Arbeitgeber informiert ist und dem zugestimmt hat, sind Sie m.E. auch auf der sicheren Seite.

Wenn Sie einen Vollzeitjob haben und nebenbei noch 20 Stunden selbsttändig arbeitest, dann ist das natürlich kritisch und kann dazu führen, dass Sie Ihren Hauptjob nicht mehr 100%ig machen können oder womöglich Telefonate für die Selbstständigkeit während der Arbeitszeit führen müssen. Wenn Sie die Selbstständigkeit neben einem Teilzeitjob machen, sieht es wieder anders aus.

Viel Erfolg mit der Selbstständigkeit!

Beste Grüße Andreas Lutz


Verfasst von Michael am 28.08.2015 07:02


Verfasst von Lara am 03.07.2015 07:37


Verfasst von Stefanie am 19.05.2015 19:03


Verfasst von Hans Kellermann am 26.04.2015 18:14


Verfasst von Frank Schulze am 17.04.2015 12:12

Antwort:

In dem Kommentar haben Sie Ihr Alter gar nicht erwähnt. Eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenvesicherung ist nur möglich, wenn Sie nicht 55 Jahre alt sind. Voraussetzung für einen Wechsel ist, dass Du hauptberuflich angestellt bist. Das ist genauer erklärt unter http://www.vgsd.de/ganz-offizielle-hintertuer-rueckkehr-von-der-privaten-in-die-gesetzliche-krankenversicherung-ohne-einjaehrige-wartezeit/


Der VGSD hat auch eine Telko zu diesem Thema organisiert, die Ergebnisse sind für Mitglieder unter http://www.vgsd.de/ergebnisse-der-vgsd-experten-telko-die-krankenversicherungsbeitraege-steigen-unaufhoerlich-was-kann-man-dagegen-tun/ abrufbar.


Ich würde Ihnen raten, das Geld für einen Rentenberater zu investieren. Die mit denen ich zu tun hatte, kennn sich auch in Hinblick auf die Krankenversicherung gut aus, so dass man verschiedene Szenarien durchsprechen kann. Unter www.gruendungszuschuss.de/fragen wird eine Rentenberaterin empfohlen, die zeitabhängig berät für 90 Euro/Stunde. Ansonsten musst Du so mit ca. 120 Euro pro Stunde bzw. 240 Euro für eine Erstberatung rechnen. Das ist nicht ganz billig, vor allem in Deiner jetzigen Situation, aber aus meiner Sicht eine gute Investition, um Sicherheit über die Handlungsalternativen zu gewinnen.

Auch der Rentenberater, auf den in dem VGSD-Beitrag verwiesen wird, ist zu empfehlen.

Andreas Lutz


Verfasst von Henrike am 28.03.2015 16:16

Antwort:

So lange Sie Gründungszuschuss beziehen, müssen Sie über diese Änderung die Arbeitsagentur informieren, denn gefördert wird nur die hauptberufliche Selbstständigkeit. Die Hauptförderung dürfte bei Ihnen ja dieser Tage auslaufen, aber Sie würden jetzt ja noch neun Monate lang 300 Euro Zuschuss je Monat bekommen.

Eventuell genügt es schon, die Verlängerung der Förderung nicht zu beantragen. Außerdem müssen Sie ggf. das Gewerbeamt informieren, soweit Sie ein Gewerbe betreiben. (Am besten telefonisch erkundigen.)


Verfasst von Bettina am 12.11.2014 11:34

Antwort:

Wir empfehlen das Gespräch mit einem Rentenberater / Experte für Renten- und Sozialversicherung. Kontakt z.B. unter http://www.gruendungszuschuss.de/service-menue/fragen.html

Alternativ bei Krankenversicherung anrufen und Fall anonym schildern.


Verfasst von Beate am 15.08.2014 11:26

Antwort:

Es kommt darauf an, ob Sie hauptberuflich selbständig sind oder nicht.

Mit verdienen ist immer der Gewinn gemeint, nicht der Umsatz.

Daneben kommt es auf den zeitlichen Umfang Ihrer Tätigkeit an und ob Sie sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter haben.


Wenn Sie einen Wechsel planen, kann es sinnvoll sein, die Hilfe eines Rentenberaters in Anspruch zu nehmen. Unter www.gruendungszuschuss.de/fragen bieten wir auch eine Telefonberatung durch eine Rentenberaterin.


Schauen Sie sich auch diesen Beitrag an: www.vgsd.de/ganz-offizielle-hintertuer-rueckkehr-von-der-privaten-in-die-gesetzliche-krankenversicherung-ohne-einjaehrige-wartezeit/


Verfasst von Heike am 12.01.2014 10:57

Antwort:

Ja - im Gegensatz zur privaten Krankenversicherung hängt bei der gesetzlichen Ihr Beitrag vom Einkommen ab. Berechnungsgrundlage ist Ihr Arbeitseinkommen (Einkommen aus selbständiger und nicht-selbständiger Tätigkeit) zuzüglich dem Gründungszuschuss. Der Gründungszuschuss wird aber nicht in voller Höhe herangezogen, sondern nur in Höhe des Arbeitslosengeld I-Anspruchs. Auf die zusätzliche Pauschale von 300 Euro zahlen Sie keine Beiträge.


Herzliche Grüße
Christian Bussler


Hallo,

ich habe mal gelesen das es vom Umsatz ausgeht, ist das korrekt. Ich habe 2012 ca. 30.000 Umsatz gemacht im Nebenberuf, in meinem 40h Hauptberuf als angestellter nur 26.000 verdient. Ist das ein Problem der Gewinn lag bei ca. 12.000 EUR.

MfG
Bernd

Verfasst von Bernd am 27.05.2013 14:16


Verfasst von Felix am 26.04.2013 18:13


Verfasst von Bernhardt am 19.02.2013 19:53

Antwort:

Guten Tag,

für rechtsverbindliche Auskünfte zu sozialversicherungsfragen empfehle ich Ihnen, mit einer Rentenberaterin zu sprechen. Wir stellen den Kontakt gerne her, wenn Sie das Formular auf bit.ly/XXLdS5 ausfüllen.

So bekommen Sie eine fundierte Antwort auf Ihre Frage.

Herzliche Grüße
Christian Bussler


Verfasst von Chris Arnt am 14.02.2011 12:40

Antwort:

Steht in keinem Gesetz, sondern in Rundschreiben des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen!


Verfasst von Frank Saier am 14.02.2011 10:13

Antwort:

In dem Artikel ist nicht die Rede davon, dass die Familienversicherung abgeschafft wird. Bei einer Verdienstgrenze von 350 Euro wird man in der Regel argumentieren können, dass man nicht hauptberuflich selbständig ist. Aber Sie haben Recht: Das Thema müsste man noch mal etwas genauer unter die Lupe nehmen.

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