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Neuordnung der Gewerbesteuer: An jeder Schraube gedreht


(gruendungszuschuss.de) Zum 1.1.2008 wurde die Gewerbesteuer im Rahmen der Unternehmenssteuerreform völlig neu geordnet, kein Stein blieb auf dem anderen. Das Ergebnis: Die Berechnung ist weniger kompliziert als bisher und viele, gerade größere Unternehmen, werden weniger Gewerbesteuer zahlen müssen. Für Einzelunternehmer und Personengesellschaften mit gewerblichen Einkünften zwischen von 30.000 und 100.000 Euro und Sitz in einer größeren Stadt wird sich jedoch eine – zum Teil ganz erhebliche – Mehrbelastung ergeben.

Da der Gesetzgeber bei der Neufassung der Gewerbesteuer an jeder nur denkbaren Schraube gedreht hat, sind die Auswirkungen sehr unterschiedlich und nur schwer zu verallgemeinern. Letztlich müssen Sie Ihre Belastung im Jahr 2008 konkret ausrechnen und mit der bisherigen Höhe vergleichen. Wir erklären im Folgenden wie Sie  die Gewerbesteuer künftig berechnen und zeigen auf, ob Sie tendenziell von der Neuregelung profitieren, belastet werden oder ob Sie von den Änderungen gar nicht betroffen sind.

Positiv ist, dass die bisher extrem komplizierte Berechnung der Gewerbesteuer deutlich vereinfacht wurde. Hier die für kleinere Unternehmen wichtigsten Punkte zur Neuregelung:

  • Freiberufler zahlen auch weiterhin keine Gewerbesteuer.
  • Einzelunternehmer und Personengesellschaften profitieren wie bisher von einem Freibetrag in Höhe von 24.500 Euro. Erst die darüber hinausgehenden Gewinne aus gewerblicher Tätigkeit unterliegen der Gewerbesteuer.
  • Der zu versteuernde Gewinn ist mit der einheitlichen Steuermesszahl in Höhe von 3,5% zu multiplizieren. Der resultierende Gewerbesteuermessbetrag wird dann noch einmal mit dem von der jeweiligen Gemeinde abhängigen Gewerbesteuerhebesatz in Höhe von 200 bis 490 Prozent multipliziert.
  • Der sich ergebende Betrag kann bis zu einem Gewerbesteuerhebesatz von 380 Prozent (bisher 180 Prozent) anschließend wieder mit der Einkommensteuer verrechnet werden. Vorausgesetzt Sie schulden Einkommensteuer in entsprechender Höhe, müssen Sie unter dem Strich also nur dann eine Mehrbelastung durch Gewerbesteuer fürchten, wenn der Gewerbesteuerhebesatz Ihrer Gemeinde über 380 Prozent liegt. Anders verhält es sich, wenn Sie in einer Großstadt leben und arbeiten. Unter www.gruendungszuschuss.de/gewerbesteuer finden Sie eine Liste der betroffenen Städte und Gemeinden sowie weiterführende Rechenbeispiele.
  • Den höchsten Gewerbesteuerhebesatz in Deutschland hat München mit 490 Prozent. 110 Prozent davon sind nicht auf die Einkommensteuer anrechenbar. Multipliziert mit der Steuermesszahl in Höhe von 3,5 Prozent ergibt sich eine effektive Gewerbesteuerbelastung von 3,85 Prozent auf den zugrundeliegenden Gewinn – zusätzlich zu Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer usw.
  • Der verbesserten Anrechenbarkeit auf die Einkommensteuer steht ein großer Nachteil gegenüber: Die Gewerbesteuervorauszahlungen sind künftig nicht mehr als Betriebsausgabe absetzbar. Deshalb wird bei sonst gleichbleibenden Bedingungen ein höherer zu versteuernder Gewinn auszuweisen sein. Dadurch erhöht sich die Gewerbesteuer selbst, vor allem aber die zu zahlende Einkommensteuer, da diese somit ja auch auf den Teil des Gewinns anfällt, der als Gewerbesteuer abzuführen ist.

1. Beispiel: 36.500 Euro Gewinn

Hier noch ein konkretes Beispiel, wie sich die Mehrbelastung errechnet: Die bisher bei Einzel- und Personenunternehmen geltende gestaffelte Besteuerung mit einer Messzahl von 1 bis 5 Prozent  wird durch eine einheitliche Messzahl von 3,5 Prozent ersetzt. Das bedeutet, dass Unternehmen mit geringeren Gewinnen deutlich mehr Gewerbesteuer zahlen müssen als bisher.

Während zum Beispiel auf die den Freibetrag von 24.500 Euro übersteigenden 12.000 Euro bisher nur 1 Prozent gerechnet wurde, sind es künftig 3,5 Prozent. Der Gewerbesteuermessbetrag steigt bei einem Gewinn von 36.500 Euro also von 120 auf 420 Euro. Bei einem Hebesatz von in der Spitze 490 Prozent (wie er in München oder Frankfurt gilt), bedeutet das eine Erhöhung der Gewerbesteuer von 588 Euro auf 2.058 Euro.

Gleichzeitig wird aber – wie bereits erwähnt - die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer verbessert: Wurden bisher maximal 180 Prozent des Gewerbesteuermessbetrags von der Einkommensteuer abgezogen, sind es künftig bis zu 380 Prozent. In Hinblick auf das eben genannte Beispiel bedeutet das: Bisher hätte sich die Einkommensteuer um 120 Euro x 180 Prozent = 216 Euro gemindert, künftig beträgt der Steuernachlass 420 Euro x 380 Prozent = 1.596 Euro. 

Auf den ersten Blick scheint die deutlich höhere Gewerbesteuer mit dem deutlich höheren Nachlass bei der Einkommensteuer bis auf 90 Euro aufzuheben (was aber immer noch einer Verdopplung der effektiven Gewerbesteuer entspräche).
Zusätzlich ist aber zu berücksichtigen, dass die Gewerbesteuer bisher den Gewinn und damit die Einkommensteuer reduzierte, wodurch sich bisher eine um 200 bis 300 Euro niedrigere Steuerbelastung ergab. Insgesamt beträgt die Steuermehrbelastung im Beispiel also 300 bis 400 Euro (0,8 bis 1,1 Prozent des Gewerbeertrags).

2. Beispiel: 60.000 Euro Gewinn

Wie verhält es sich bei höherem Einkommen aus Gewerbebetrieb? Ein Einzelunternehmer in München mit 60.000 Euro Gewinn wird gegenüber der bisherigen Regelung 0,8 bis 1,6 Prozentpunkte mehr Steuern auf den Gewinn bezahlen müssen, also mit 500 bis 1.000 Euro zusätzlich belastet.

Die Steuerschätzungen der Bundesregierung bestätigen unsere Rechnung. Sie kalkuliert durch den Wegfall des Betriebsausgabenabzugs mit Mehreinnahmen von 10,3 Milliarden Euro und mit weiteren 0,7 Milliarden Euro durch den Wegfall des Staffeltarifs. Als Entlastung zurückgegeben werden 6,3 Milliarden durch die Senkung der Steuermesszahl auf 3,5% und weitere 4,2 Milliarden durch den höheren Anrechnungsfaktor auf die Einkommensteuer. Bleibt unter dem Strich eine Mehrbelastung der Unternehmen – und zwar insbesondere der Einzelunternehmer und Personengesellschaften - von 0,5 Milliarden Euro.

Der Vollständigkeit halber wollen wir – auch wenn die meisten unserer Leser davon nicht betroffen sind - abschließend noch darauf hinweisen, dass es bei der Berechnung des für die Besteuerung maßgeblichen Gewerbeertrags es zu Hinzurechnungen und Kürzungen aufgrund von Dauerschuldzinsen sowie dem Finanzierungsanteil von Mieten, Pachten und Leasingraten kommen kann. Hierfür wird jetzt ein Freibetrag von 100.000 Euro gewährt.

Verfasst von Andreas Lutz am 07.01.2008 13:54
http://www.gruendungszuschuss.de/?id=128&showblog=2375

Kommentare

Ich kann eines nicht verstehen dass Freiberufler nach wie vor von der Gewerbesteuer befreit sind.
Es gilt doch der Grundsatz der Gleichheit aus dem Grundgesetz oder?

Verfasst von Bölle Wolfgang am 08.03.2008 15:04


Verfasst von sinchen am 31.01.2008 06:41


Lieber Herr Lutz,
ich habe mir gerade Ihre Rechenbeispiele fuer die Aenderung der Gewerbesteuer angeguckt. Also ich muss sagen, die eingangs angekuendigten erheblichen Mehrbelastungen kann ich daraus nicht erkennen. Zumal die ueberwiegende Mehrzahl der Gemeinden in der BRD wesentlich unter dem im Beispiel angefuehrten Spitzensteuersatz von Muenchen und Frankfurt liegen duerfte.
MfG
Ebbe Koegel

Verfasst von Eberhard Koegel am 21.01.2008 00:13

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