Blog: News & Tipps

Aktuelles zum Thema Geld und Steuern

Teure Post von Adressbuchverlagen: EU wird aktiv - Und: Wie ein Rechtsanwalt den Spieß umgedreht hat


Als wir die Bonsai Kredit GmbH gegründet und ins Handelsregister eingetragen hatten, fanden wir kurz darauf eine ganze Flut offiziell wirkender Schreiben im Briefkasten: Sie kamen vom Branchenbuch Bayern, von der Gewerbeauskunft.com, dem Hauptregister der Privatwirtschaft, Gewerbe-Bekanntmachungen, Gewerbeauskunft-Zentrale.de, der Industrie und Gewerberegister-Zentrale und anderen Absendern (Scans). Im Kern ging es darum, unsere Firmenangaben in ein Register einzutragen oder zu aktualisieren - natürlich kostenpflichtig. Das Ganze wirkte wie ein Formular bzw. wie eine Rechnung - großenteils hing ein Überweisungsformular direkt an. Hätten wir in allen Fällen so reagiert, wie von den Firmen gewünscht, hätten wir mehr als 6.500 Euro ausgegeben für Adressbucheinträge von ungewissem Nutzen.

Wer einen Blick auf die eingescannten Anschreiben wirft, dem fällt sofort ins Auge, was das Ganze so schwierig macht. Die Briefe sehen zum Teil aus wie Formulare von offiziellen Stellen, sodass der erste Gedanke ist: Da muss ich dann wohl mitmachen und zahlen... Außerdem ist oft erst auf den zweiten Blick erkennbar, dass es sich lediglich um ein Angebot handelt, das der Empfänger auch ablehnen kann, indem er gar nicht reagiert.

Als die Rechnung des Registergerichts für den Handelsregistereintrag der GmbH eintraf, warf ich sie auch erst einmal in den Papierkorb - erst aufgrund des vergleichsweise niedrigen Rechnungsbetrags wurde mir dann klar, dass dies die eine Rechnung ist, die ich wirklich bezahlen muss, um die GmbH-Gründung abzuschließen.

Ob die EU diese oder ganz andere Verlage im Auge hatte, als sie am Dienstag dieser Woche "Maßnahmen der Europäischen Kommission zum Schutz vor betrügerischen Vermarktungspraktiken" vorstellte? Entscheiden Sie selbst. In der Meldung heißt es: "Vermarktungspraktiken, die beispielsweise von Adressbuchfirmen angewendet werden... Ziel dieser Maßnahmen ist es, Unternehmen, Freiberufler und NRO in ganz Europa vor unseriösen Gewerbetreibenden und irreführenden Vermarktngspraktien zu schützen - wie dem Zusenden von Formularen zwecks scheinbar unentgeltlicher Aktualisierung von Unternehmensdaten in Verzeichnissen, woraufhin den betroffenen Unternehmen jährliche Gebühren in Rechnung gestellt werden. Kleine Unternehmen sind besonders anfällig für Betrüger... Die Kommission hat daher angekündigt, dass sie die bestehenden Rechtsvorschriften ... über irreführende und vergleichende Werbung verstärken wird, um Praktiken wie die Verschleierung der kommerziellen Absicht einer Mitteilung ausdrücklich zu verbieten und gleichzeitig die Durchsetzung der Vorschriften in grenzüberschreitenden Fällen zu intensivieren. ... Täglich fallen in der EU ansässige Unternehmen, Freiberufler ... zum Opfer. Diese reichen von falschen oder irreführenden Informationen über angebotene Dienstleistungen bis hin zur Zusendung von als Rechnung getarnten Angeboten oder von irreführenden Formularen, verbunden mit der Aufforderung zur Aktualisierung von Unternehmensverzeichnissen."

Laut Kommission nutzen die Adressbuchverlage neue Techniken und versenden nachweislich bis zu 6 Millionen Formulare pro Jahr. Der finanzielle Schaden wird für jedes einzelne betroffene Unternehmen auf 1.000 bis 5.000 Euro pro Jahr geschätzt.

Mehr zu den geplanten Maßnahmen der Europäischen Kommissionen finden Sie hier.

Eine Anwaltskanzlei aus Dortmund hat sich auf kreative Weise gegen einen Adressbuchverlag gewehrt und den Spieß umgedreht, wie die Zeitschrift c't in ihrer aktuellen Ausgabe 25/2012 berichtet: Im Winter 2011 erhielt Dr. Mirko Möller das Schreiben der eingangs genannten Gewerbeauskunft-Zentrale, das auch wir erhalten haben. Er wurde aufgefordert, den Firmeneintrag seiner Kanzlei zu prüfen und zu ergänzen. Nicht auf den ersten Blick ersichtlich wurde, dass es sich hierbei um ein Angebot handelte, mit dessen Rücksendung die Kanzlei sich verpflichtete, jährlich 596,06 Euro für die Dienstleistung zu bezahlen. Doch Dr. Möller bastelte mithilfe von Schere, Scanner und Kopierer aus dem erhaltenen Anschreiben ein neues. Der Inhalt: Die Gewerbeauskunft-Zentrale sollte nun ihrerseits dafür zahlen, dass sie die Daten der Kanzlei veröffentlichen darf. Der Preis: 596,06 Euro.

Die Geschichte ging so weiter, dass die Gewerbeauskunft-Zentrale wie sonst auch eine Rechnung und Mahnungen schickte, der Rechtsanwalt reagierte seinerseits mit Rechnungen. Erst als die Kanzlei dann im Mai 2012 eine Klage beim Amtsgericht Düsseldorf einreichte, lasen die Mitarbeiter der Gewerbeauskunfts-Zentrale offenbar das Korrekturblatt von Dr. Möller. Auf jeden Fall bekam der Anwalt plötzlich eine Gutschrift zugeschickt und der Vertrag wurde angefochten - mit der Begründung, das Kleingedruckte sei irreführend und überraschend gewesen. Der Verlag muss sich also mit denselben Argumenten wehren, wie dies normalerweise die eigenen Kunden tun, die sich gegen unbedacht beauftragte Adressbucheinträge zur Wehr setzen. Das Urteil des Gerichts, ob ein wirksamer Vertrag, in diesem Fall zulasten des Adressbuchverlags, zustande gekommen ist, steht noch aus. Bei uns hat Dr. Möller auf jeden Fall schon einmal den Sympathiepreis gewonnen für seine witzige und hintergründige Aktion.

Falls Sie selbst einmal in die Situation kommen, sich gegen einen Vertrag wehren zu müssen: Nutzen Sie die von uns angebotene telefonische Kurzberatung durch einen Rechtsanwalt.

Verfasst von gruendungszuschuss.de-Redaktion am 05.12.2012 10:05
http://www.gruendungszuschuss.de/?id=128&showblog=3297

Newsletter abonnieren oder Beitrag weiterempfehlen

Ihr Berater

Persönliche Beratung kompetent & auf den Punkt

Unsere Experten helfen Ihnen weiter

Liste unserer Berater

Rechner

Wie hoch ist Ihr Gründungszuschuss?
Jetzt ausrechnen