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Wichtiges Urteil: Grundrecht auf Steuernummer


(gruendungszuschuss.de) Finanzbeamte dürfen die Zuteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke nicht mehr verweigern. Das hat der Bundesfinanzhof in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom September 2009 entschieden.

Die Beamten haben kein Recht mehr, ohne weiteres an den ernsthaften Gründungsabsichten eines Antragstellers zweifeln - selbst wenn sie ihn für scheinselbständig halten, müssen sie ihm eine Steuernummer zuteilen. Das Urteil ist ein wichtiger Schritt für Existenzgründer, insbesondere solche, die sich nebenberuflich oder in vergleichsweise geringem Umfang selbständig machen.

Damit ist eine Hürde aus dem Weg geräumt, die diversen Gründern in den letzten Jahren das Leben schwer gemacht hat: Denn wer als Selbständiger keine Steuernummer erhält, kann keine Rechnungen schreiben, die den gesetzlichen Anforderungen genügen. In diesem Fall verweigern Auftraggeber zu Recht die Bezahlung - sofern sie überhaupt einen Auftrag erteilen. "Es war manchmal schwieriger, eine Steuernummer zu bekommen als eine Aufenthaltsgenehmigung", erklärt ein von uns befragter Steuerberater im Gespräch. Entsprechend begründet der Bundesfinanzhof sein Urteil damit, dass die restriktive Vergabe von Steuernummern dem Grundrecht auf Berufsfreiheit widerspreche.

Zum Hintergrund: Ob eine Steuernummer erteilt wird oder nicht, machte das Finanzamt früher lediglich vom korrekten Ausfüllen des steuerlichen Fragebogens abhängig. (Der Fragebogen ist im Buch "Gründungszuschuss und Einstiegsgeld" abgedruckt und ausführlich erläutert.)

Die relativ großzügige Vergabe von Steuernummern führte aber zu Missbräuchen und zur Gründung von Scheinunternehmen. Die Reaktion des Finanzamts war die Einrichtung von Clearingstellen, die Gründungswilligen auf den Zahn fühlen und einen Missbrauch verhindern sollten. Diese Bürokratie scheint sich jedoch im Laufe der letzten Jahre verselbständigt zu haben.

Es kam vor, so berichtet uns ein Steuerberater aus der Praxis, dass die Beamten die Steuernummer erst nach Vorlage des privaten Mietvertrags erteilen wollten. Von einem Friseur verlangte die zuständige Clearingstelle eine Liste mit Adressen seiner Kunden, die er natürlich - wie die meisten seiner Zunftskollegen auch - nicht katalogisiert hatte. Manch Einer hat das Abenteuer Selbstständigkeit sogar vorzeitig beenden müssen, weil das Procedere, bis die Nummer kam, zu viel Zeit gekostet hat. Zur Klage beim Bundesfinanzhof hatte der Fall eines polnischen Fliesenlegers geführt, dessen Tätigkeit vom Finanzamt nicht als selbständig anerkannt worden war.

Immer wieder verweigerten die Finanzämter auch solchen Selbständigen, die die Kleinunternehmer-Regelung wählen, um keine Mehrwertsteuer ausweisen zu müssen, die Erteilung einer Steuernummer. Zu Unrecht, denn auch Kleinunternehmer müssen auf ihren Rechnungen die Steuernummer angeben.

Schließlich hängt von der Vergabe der Steuernummer auch die Vergabe der Umsatzsteuer-ID ab. Diese internationale ID ist die Voraussetzung, um Leistungen aus dem EU-Ausland umsatzsteuerfrei beziehen zu können. Wer nicht über sie verfügt, hat nicht nur einen Liquiditäts-Nachteil: Die zu Unrecht bezahlte Umsatzsteuer wird nur in einem aufwändigen Verfahren, für jedes Land getrennt, zurückerstattet - wenn überhaupt.

Dem Urteil zufolge besteht der Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer schon dann, wenn der angehende Unternehmer ernsthaft erklärt, eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit aufzunehmen. Lediglich in offensichtlichen Missbrauchsfällen, die auf Umsatzsteuerbetrug abzielen, dürfe die Steuernummer künftig verweigert werden; ausländerrechtliche und arbeitsmarktpolitische Fragen dürfen keine Rolle spielen, da die Finanzämter dafür nicht zuständig sind.

Wer bei der Erteilung seiner betrieblichen Steuernummer Schwierigkeiten hat oder vielleicht sogar schon seit Jahren auf die Erteilung wartet, sollte das Finanzamt erneut anschreiben und auf das Urteil des Bundesfinanzhofs verweisen. Die Urteilsbegründung finden Sie hier.
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Sind Sie auch betroffen von diesem Urteil? Als Gründer oder als Steuerberater, der entsprechende Mandanten betreut hat? Bitte schildern Sie Ihre Erfahrungen unter http://tinyurl.com/ygduag5 und diskutieren Sie mit. (Für Mitglieder unserer XING-Gruppe „Gründer und Selbständige“)

Verfasst von gruendungszuschuss.de-Redaktion am 21.03.2010 09:44
http://www.gruendungszuschuss.de/?id=128&showblog=2777

Kommentare

Bevor ich mehr schreibe wollte ich fragen, ob diese Seite noch aktuell ist. MfG

Verfasst von Marlies gollner am 18.03.2014 12:31

Antwort:

Ja, diese Aussagen sind u.W. noch korrekt. Es ist doch eine relativ spezielle Fragestellung, an der sich nicht so häufig etwas ändern dürfte. Warum fragen Sie?

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