Vorsicht Falle:

Scheinselbständige Mitarbeiter

Das Thema Scheinselbständigkeit beziehen die meisten Gründer und Kleinunternehmer nur auf ihren eigenen Status. Dabei lauert noch eine ganz andere Gefahr: Dass sie selbst unwissentlich scheinselbständige Mitarbeiter beschäftigen. Das kann teuer zu stehen kommen. Im Folgenden erfahren Sie, was Sie bei der Beauftragung freier Mitarbeiter in dieser Hinsicht beachten müssen.

Lob des freien Mitarbeiters

Verglichen mit der Beschäftigung eines Arbeitnehmers hat der Auftrag an einen selbständigen Dienstleister aus Auftraggebersicht eine Menge Vorteile: Ein freier Mitarbeiter ...

  • bekommt sein Geld nur für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit oder das fertige Arbeitsergebnis,
  • hat keinen Anspruch auf Kündigungsschutz und auf Lohnfortzahlung bei Krankheit oder im Urlaub,
  • kümmert sich selbst um seine soziale Sicherung und die Versteuerung seiner Einkünfte,
  • bringt eigene Werkzeuge und Arbeitsmaterialien mit,
  • ist selbst für seine Qualifizierung verantwortlich und so weiter.

Der allergrößte Vorteil für Auftraggeber, die in Personalangelegenheiten wenig Erfahrung haben, besteht jedoch darin, dass Selbständige viel weniger Verwaltungsarbeit machen als Angestellte: Sie stellen nach getaner Arbeit eine Rechnung - fertig.

Realität bricht Vertrag

Freiberufler und Kleinunternehmer, die bestimmte Arbeiten nicht (mehr) selbst erledigen können oder wollen, nehmen deshalb gern die Leistungen selbständiger Dienstleister in Anspruch. Leider ist es jedoch nicht damit getan, einen "Vertrag über freie Mitarbeit" zu schließen: Denn wenn ein externer Mitarbeiter in Wirklichkeit die Aufgaben eines Arbeitnehmers erledigt und von seinem Auftraggeber wie von einem Arbeitgeber abhängig ist, dann kann er als Scheinselbstständiger eingestuft werden. Aus dem vermeintlichen Dienst- oder Werkvertrag wird dann unversehens ein Arbeitsvertrag - mit allen sich daraus ergebenden Steuer- und Sozialversicherungspflichten.

Dass die Frage der Selbständigkeit nicht ins Belieben der Vertragspartner gestellt ist, sondern im Zweifel von staatlichen Stellen überprüft werden kann, hat hauptsächlich zwei Gründe:

  • Zum einen sollen Arbeitgeber daran gehindert werden, aus Arbeitnehmern kurzerhand Sub-Unternehmer zu machen, um das Arbeitsrecht auszuhebeln.
  • Vor allem aber geht es um die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung: Denn je mehr "auf Rechnung" gearbeitet wird, desto stärker sinken die Einnahmen der Sozialversicherungen.

Wichtig: Dass der sozialversicherungsrechtliche Status eines Mitarbeiters anlässlich einer zufälligen Stichprobenprüfung unter die Lupe genommen wird, ist bei kleinen Unternehmen ohne Angestellte eher unwahrscheinlich. Es besteht aber die Gefahr, dass der freie Mitarbeiter von sich aus auf die Idee kommt, seine vermeintlichen Arbeitnehmer-Rechte einzufordern. Das muss nicht aus bösem Willen geschehen: Anlass dafür können objektiv schwierige Lebenslagen sein, wie zum Beispiel Krankheit, Unfall, Schwangerschaft oder auch anhaltender geschäftlicher Misserfolg.

Die Folgen

So oder so kann Sie das teuer zu stehen kommen: Sofern Ihnen nachgewiesen werden kann, dass ein externer Mitarbeiter nur scheinselbständig ist, werden Sie wider Willen nachträglich zum Arbeitgeber. Mit weitreichenden Folgen:

  • Sozialversicherungspflicht besteht grundsätzlich rückwirkend seit Beginn der Tätigkeit.
  • Sofern der Mitarbeiter sich nicht (gesetzlich oder privat) kranken- und rentenversichert hat, werden die fälligen Beiträge nachträglich erhoben.
  • Als Arbeitgeber haften Sie dabei nicht nur für den fälligen Arbeitgeberanteil, sondern auch für den Arbeitnehmeranteil!
  • Die vom Mitarbeiter in Rechnung gestellte Umsatzsteuer stellt für Sie keine Vorsteuer mehr dar. Sie müssen Ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen und -erklärungen entsprechend ändern. Zwar haben Sie Anspruch darauf, dass Ihr Mitarbeiter Ihnen die Umsatzsteuer zurückzahlt. Kann oder will er das nicht, müssen Sie dem Finanzamt dafür aber geradestehen.
  • Das gilt sogar für die Einkommensteuer: Denn als Arbeitgeber sind Sie ja für die Einkommensteuervorauszahlungen in Form der Lohnsteuer verantwortlich: Hat der Mitarbeiter seine Einkünfte nicht versteuert, wendet sich das Finanzamt an Sie!

Hinzu kommt: Sobald aus einem freien Mitarbeiter ein Angestellter geworden ist, kann er im Nachhinein unter Umständen weitreichende Ansprüche auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaub, Urlaubsgeld und eventuelle andere betriebliche Leistungen geltend machen.

Worauf muss ich intern achten?

Völlig unabhängig von der Person des Auftragnehmers haben Sie selbst auf die Art der Kooperation mit externen Dienstleistern erheblichen Einfluss. Verzichten Sie insbesondere auf ...

  • die nahtlose Einbindung in Ihre betriebliche Organisation (fester Arbeitsplatz, eigener Telefonanschluss, E-Mailadresse, Urlaubs- und Vertretungsplanung etc.),
  • genaue Arbeitsanweisungen und Zeitvorgaben, die über bloße Pflichtenhefte und Liefertermine hinausgehen: Auf welche Weise und zu welchen Zeiten ein freier Mitarbeiter seine Aufgaben erledigt, muss ihm überlassen bleiben.
  • das Verbot des Einsatzes von Vertretern oder Hilfskräften,
  • Veränderungen des Einsatzgebiets ohne Zustimmung des Mitarbeiters,
  • "Daueraufträge" mit pauschalen Monatsabrechnungen und festen Honoraren.

Worauf muss ich bei der Auftragsvergabe achten?

Bei aller Vorsicht: Geht es um eine Tätigkeit, die üblicherweise von Freiberuflern und ähnlichen Selbständigen erbracht wird (z. B. Beratung, Expertenleistungen), erübrigt sich die Befürchtung einer Scheinselbständigkeit vielfach von vornherein oder ist schnell ausgeräumt: Wenn Sie einen Profi beauftragen, der ein eigenes Büro und eigene Mitarbeiter hat, offensichtlich seit Jahren am Markt ist, nicht nur für Sie, sondern auch für viele andere Kunden arbeitet, regelmäßig Anzeigenwerbung macht und im Internet mit einer Website präsent ist, dann sind Sie von vornherein auf der sicheren Seite.

Das gilt auch, wenn der potenzielle Auftragnehmer eine staatliche Zulassung hat (z. B. als Handwerksmeister, Rechtsanwalt, Steuer- oder Versicherungsberater), es sich um eine "Ich-AG" (Förderung mit dem ehemaligen "Existenzgründungszuschuss") oder um eine Personen- oder Kapitalgesellschaft handelt (z. B. GmbH oder OHG).

Heikel ist die Sache hingegen immer dann, wenn eher einfache Tätigkeiten zu vergeben sind, die üblicherweise von Arbeitnehmern erbracht werden (z. B. Reinigungs- oder Transportarbeiten) oder aber anspruchsvollere, die ebenso gut von Arbeitnehmern wie von Selbständigen erledigt werden können (z. B. Buchführungsarbeiten, Webdesign, Programmieren, Texten).

Als Hinweise auf das Fehlen echter Selbständigkeit gelten in solchen Fällen die folgenden Merkmale eines externen Dienstleisters:

  • Er oder sie beschäftigt keine eigenen Mitarbeiter,
  • hat keine eigenen Geschäftsräume,
  • keine professionellen Geschäftspapiere,
  • keine eigenen Maschinen und Anlagen,
  • betreibt keine Werbung und
  • hat keine oder nur wenige andere Kunden.

Bitte beachten Sie: Spätestens, wenn ein freier Mitarbeiter auf Dauer mehr als fünf Sechstel seiner Einkünfte von Ihnen bezieht, ist die Grenze zur abhängigen Beschäftigung überschritten! Das bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass Sie  auf der sicheren Seite sind, wenn Ihr Mitarbeiter mehr als ein Sechstel seines Umsatzes bei einem anderen Auftraggeber erzielt: Bei der Beurteilung der Selbständigkeit kommt es immer auf die Gesamtschau des Einzelfalles an!

Das können Sie tun

Bereits, wenn ein oder zwei dieser Anzeichen zutreffen, sollten Sie vorsichtig sein: Das gilt vor allem dann, wenn der freie Mitarbeiter Ihnen einen großen Teil seiner Wochenarbeitszeit über einen längeren Zeitraum oder gar unbefristet anbietet:

  • Prüfen Sie in solchen Fällen, ob es eine personelle Alternative gibt, bei der die Gefahr der Scheinselbständigkeit nicht besteht.
  • Wenn nicht: Sprechen Sie mit dem potenziellen Auftragnehmer über die Gefahren der Scheinselbständigkeit und bieten Sie ihm die Möglichkeit, die Zweifel an seiner Selbständigkeit auszuräumen.
  • Wenn nicht: Prüfen Sie, ob Ihnen und dem Mitarbeiter mit einer geringfügigen Beschäftigung (= Minijob / 400-Euro-Job) möglicherweise mehr gedient ist. Der bürokratische Aufwand hält sich dabei noch in vertretbaren Grenzen.
  • Wenn nicht: Fragen Sie bei Ihrer Krankenkasse nach, ob in diesem Einzelfall eine Scheinselbständigkeit vorliegen könnte.
  • Wenn Sie auf Nummer Sicher gehen wollen, leiten Sie bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV, vormals BfA) das kostenlose Statusfeststellungsverfahren ein.

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