"Werkzeugkasten für junge Unternehmen": Leseprobe

Frage 1 von 111: Absichern gegen existenzielle Risiken

? - Ein befreundeter Selbständiger kann aufgrund einer Kranheit nicht mehr arbeiten. Womöglich muss er jetzt Sozialhilfe beantragen. Was kann ich tun, damit mir dieses Schicksal erspart bleibt?

i - Es gibt eine Reihe existenzieller Risiken, die Sie Ihre gesamten Ersparnisse kosten können: Haftpflichtschäden, Berufsunfähigkeit, Krankheit und Pflegebedürftigkeit sowie Unfall. Teilweise können Sie sich privat und zu vertretbaren Preisen nur absichern, solange Sie gesund sind. Kümmern Sie sich deshalb frühzeitig um den Abschluss dieser Versicherungen.

Durch einen kleinen Fehler oder eine Unaufmerksamkeit können Sie beruflich wie privat einen großen Schaden verursachen. Ebenso wie sich für jeden unbedingt eine private Haftpflichtversicherung empfiehlt, sollten Unternehmer ihre betrieblichen Risiken durchdenken, eventuell mit einem Rechtsanwalt besprechen und sich betrieblich haftpflichtversichern. Für Ärzte, Architekten, Steuerberater und Versicherungsvermittler besteht sogar eine Versicherungspflicht.

Berufsunfähigkeit (BU) ist eine dauerhafte Beeinträchtigung der Berufsausübung durch Krankheit, Unfall oder Invalidität. In der Praxis sind psychische Erkrankungen, zum Beispiel Depressionen, eine Hauptursache dafür, dass Erwerbstätige vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden müssen. Darauf folgen als Ursachen Rücken­ und Gelenkprobleme, Krebs sowie Herz-­Kreislauf­Erkrankungen. Ein großer Teil der Selbständigen geht deshalb ohne eine private BU­Versicherung komplett leer aus (Informationen zu den Ausnahmen unter 0800 100048070 beim Service­Telefon der Deutschen Rentenversicherung). Im Fall einer Berufsunfähigkeit müssen sie daher jede Stelle annehmen oder – falls das gesundheitlich gar nicht möglich ist – wie der eingangs erwähnte Bekannte erst all Ihre Ersparnisse aufbrauchen. Nicht vergessen: Auch der Aufbau einer Altersvorsorge ist dann nicht mehr möglich.

Im Vergleich zur BU ist Krankheit ein vergleichsweise gut abgesichertes Risiko, seit dem 1.1.2009 besteht sogar Versicherungspflicht. Während Angestellte auf den Monat umgerechnet mindestens 4.012,50 Euro (Versicherungspflichtgrenze) verdienen müssen, um sich privat zu versichern, können Selbständige auch bei geringerem Einkommen wechseln. Nach der Entscheidung für die private Krankenversicherung gibt es meist kein Zurück, auch ein Wechsel zu einer anderen privaten Versicherung ist in aller Regel wirtschaftlich nicht sinnvoll. Deshalb sollte dieser Schritt gut überlegt sein.

Mit der Krankenversicherung wird auch die Pflegebedürftigkeit abgesichert. Die normale Pflegeversicherung, ob gesetzlich oder privat, deckt aber nur einen Teil der tatsächlichen Kosten ab. Die Pflegekosten liegen bei 2.500 Euro/Monat und mehr. Die gesetzliche/soziale Pflegeversicherung zahlt aber maximal 1.432 Euro aus. Die Differenz sollten Sie durch eine Pflegezusatzversicherung absichern.

Als Letztes kommen wir zur Unfallversicherung. Wer zum Beispiel nach einem Autounfall querschnittgelähmt ist, braucht einen Rollstuhl, ein behindertengerechtes Auto und muss seine Wohnung umbauen lassen. Diese hohen einmaligen Kosten für die Umstellung auf eine neue Lebenssituation lassen sich durch eine Unfallversicherung abdecken. Im Gegensatz zu einer Berufsgenossenschaft zahlt eine private Unfallversicherung auch dann, wenn der Unfall privat verursacht ist.

BU ­sowie private Kranken- ­und Pflegezusatzversicherung können Sie nur abschließen, solange Sie gesund sind. Schon wenn Sie sich Massagen gegen Rückenschmerzen verschreiben lassen, kann dies zu lästigen Fragen, aber auch zu höheren Versicherungsbeiträgen oder Leistungsausschlüssen führen. Je nach Versicherung müssen Sie Ihre Vorerkrankungen in den letzten fünf oder zehn Jahre angeben. Dabei sollten Sie unbedingt bei der Wahrheit bleiben, denn wenn ein Verschweigen auffällt, führt dies dazu, dass Sie im Versicherungsfall keine Leistung erhalten.

Ganz konkret:

  • Eine private Haftpflichtversicherung bekommen Sie ab etwa 70 Euro jährlich, eine betriebliche kann zwischen 200 und 1.500 Euro kosten, je nach Beruf und Risiko auch mehr.
  • Eine BU-­Rente bis zum 60. Lebensjahr kosten zwischen 25 und 50 Euro monatlich. Durch die Absicherung bis zum Alter von 65 bzw. 67 Jahren erhöhen sich die Beiträge um bis zu 50 Prozent.
  • Die Kosten einer privaten Krankenversicherung sind stark abhängig von Geschlecht sowie Alter und Gesundheitszustand bei Eintritt. Sie kann 150 Euro kosten, aber auch ein Vielfaches.
  • Eine Pflegezusatzversicherung kostet zwischen sieben und 45 Euro monatlich, abhängig von Alter, Gesundheit und Leistungsumfang. Faustregel: Die Beiträge summieren sich bis zum 65. Lebensjahr auf einen Gesamtbetrag von etwa 6.000 Euro.
  • Eine Unfallversicherung ist ab ungefähr 60 Euro jährlich zu haben.

Experten-Tipp

Zusammen mit der Kranken- können Sie auch eine Krankentagegeld-Versicherung abschließen, die ab einer bestimmten zuvereinbarenden Zahl von Tagen den Verdienstausfall übernimmt. Unabhängig von der abgesicherten Höhe des Tagegeldes erhalten Sie im Versicherungsfall maximal 70 Prozent Ihres Bruttoeinkommens bzw. Gewinns gemäß Steuerbescheid. Für Selbständige – auch wenn sie nur in Teilzeit tätig sind – gelten relativ hohe Mindestbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Bei 15 Prozent Beitragssatz ergibt sich ein Mindestbeitrag von 280 Euro zur Kranken- und rund 37 Euro zur Pflegeversicherung.

Die nächsten Schritte

  • Überlegen Sie sich, welche betrieblichen Haftungsrisiken bestehen und inwiefern Sie diese zum Beispiel durch vertragliche Gestaltung ausschließen können.
  • Rekonstruieren Sie, welche Krankheiten Sie in den letzten fünf bis zehn Jahren hatten.
  • Ermitteln Sie, wie hoch Ihr Gewinn zurzeit ist, und überlegen Sie, wie viel von diesem Betrag Sie durch Krankentagegeld und BU­Versicherung absichern wollen.
  • Besprechen Sie Ihren Versicherungsbedarf mit einem Finanzberater Ihres Vertrauens.
  • Wenn Sie nicht alle Versicherungen auf einen Schlag abschließen wollen, erstellen Sie eine Prioritätenliste mit Terminen, wann Sie sich um den Versicherungsschutz kümmern werden.

Rechner

Wie hoch ist Ihr Gründungszuschuss?
Jetzt ausrechnen